EZB-Debatte über Bilanz und Mindestreserve
Debatte über Bilanz und Mindestreserve
Falken für schnelleren Abbau der EZB-Bilanz – Reservesatz von 1 Prozent könnte steigen
ms Frankfurt
Vor der EZB-Zinssitzung am Donnerstag dreht sich nahezu alles um die Frage, ob die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen ein zehntes Mal in Folge anhebt oder erstmals seit Juli 2022 eine Zinspause einlegt. Tatsächlich gibt es aber mindestens zwei weitere Themen, über die die Euro-Notenbanker bereits diskutieren und die in den kommenden Wochen weiter in den Fokus rücken dürften – die EZB-Bilanz und der Umgang mit der hohen Überschussliquidität.
Die Bilanz des Eurosystems aus der EZB und den 20 nationalen Zentralbanken ist vor allem durch die beispiellosen Anleihekäufe in den Krisenjahren erheblich aufgebläht. Zeitweise lag sie bei knapp 9 Bill. Euro. Inzwischen ist sie bereits merklich zurückgegangen, auf aktuell knapp 7,2 Bill. Euro (siehe Grafik). Hintergrund ist zum einen das Auslaufen umfangreicher Liquiditätshilfen aus den Krisenjahren (TLTROs) und das allmähliche Auslaufen der Reinvestitionen fällig werdender Papiere beim Anleihekaufprogramm APP.
Debatte über PEPP-Reinvestitionen
Vor allem die Hardliner („Falken“) im EZB-Rat liebäugeln mit einem schnelleren Bilanzabbau. Ende August hatte sich Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann dafür ausgesprochen. Im Mittelpunkt steht das Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP. Bislang stellt der EZB-Rat in Aussicht, bei PEPP bis mindestens Ende 2024 an den vollständigen Reinvestitionen festzuhalten. Holzmann würde das gerne ändern und auch Bundesbankpräsident Joachim Nagel scheint nicht abgeneigt. Einige sehen das auch als Option für eine Verschärfung der Geldpolitik, falls Zinserhöhungen nicht mehr opportun werden sollten.
Das zweite Thema betrifft die auch durch die Krisenmaßnahmen verursachte Überschussliquidität von aktuell rund 3,5 Bill. Euro. Die Diskussion dreht sich insbesondere um eine Erhöhung der Mindestreserve, die Banken bei der EZB vorhalten müssen. Derzeit liegt der Satz nur bei 1%. Eine Erhöhung würde Liquidität aus dem Finanzsystem ziehen und könnte somit über die Kreditvergabe die gesamtwirtschaftliche Nachfrage dämpfen.
Risikolose Gewinne für Banken
Im Juli hatte die EZB bereits überraschend angekündigt, dass sie die zu haltenden Mindestreserven künftig nicht mehr verzinst. Bundesbankpräsident Nagel sagte nun vergangene Woche, dass der Finanzsektor nicht denken sollte, dass dies das Ende der Geschichte sei. Er ließ Sympathie für eine höhere Mindestreserveanforderung erkennen. Das würde auch die risikolosen Gewinne der Banken verringern, die die Institute derzeit durch die hohe Überschussliquidität und die Zinswende erzielen. Und die Notenbanken könnten so ihre Bilanzverluste etwas eindämmen.