EZB-Direktor Mersch stimmt auf Kursänderung der Notenbank ein

Märkte spekulieren aber auf Beibehaltung des lockeren Kurses - Fed-Chefin positioniert sich gegen Trump

EZB-Direktor Mersch stimmt auf Kursänderung der Notenbank ein

lz/ku Frankfurt – EZB-Direktor Yves Mersch scheint auf eine Kursänderung der Geldpolitik in der Eurozone zu dringen, während im neuen Protokoll zur Zinssitzung vom Oktober deutlich gemacht wird, dass man sich einig gewesen sei, “keine übertriebenen Erwartungen an den Finanzmärkten zur künftigen Geldpolitik” schüren zu dürfen.In einer Rede auf der Euro Finance Week in Frankfurt verteidigte Mersch zwar die unkonventionellen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB), weil sie eine neuerliche Rezession und Deflation verhindert hätten. Zugleich warnte er aber eindringlich vor den negativen Nebeneffekten, die eine Fortführung der Anleihekäufe sowie der Null- und Negativzinsen nach sich ziehen würde. Das führe schließlich zu immer stärkeren Verwerfungen. Die Maßnahmen müssten deshalb “so bald wie möglich zurückgefahren werden”, betonte Mersch. Zudem verwies er auf die günstigeren Inflationsaussichten, welche den sukzessiven Ausstieg aus dem Quantitative Easing (QE) der Notenbank schon in absehbarer Zeit befördern könnte: Der EZB-Inflationsausblick im Dezember könnte für das Jahr 2019 “ganz nah an unserem Ziel” liegen, orakelte er und warnte: “Wir dürfen den Zeitpunkt zur Anpassung unserer Rhetorik nicht verschleppen!” Und auf Nachfrage sagte er: “Wir sind wahrscheinlich nicht sehr weit vom Zeitpunkt entfernt, wo wir eine solche Aussage machen können.”An den Märkten wurden die Äußerungen des EZB-Direktors aber anders interpretiert. Seinen Hinweisen auf ein behutsames Vorgehen der Notenbank und die Fragilität der Konjunktur wurde entnommen, dass ein Tapering, also eine Reduzierung des Bondkaufprogramms, noch lange auf sich warten lassen könnte. Der Bund-Future stieg daraufhin am Morgen um 30 Ticks. Am Abend lag der Bund-Future mit 160,75 % sogar um 43 Ticks im Plus. Der Dax rückte unmittelbar nach der Mersch-Rede in positives Terrain vor. Am Nachmittag beendete der Dax den Handel mit einem leichten Anstieg von 0,2 % auf 10 686 Punkte. Der Euro Stoxx 50 legte etwas stärker um 0,5 % auf 3 042 Punkte zu.Fed-Chefin Janet Yellen hat am Donnerstag klare Hinweise auf eine Leitzinsanhebung der Notenbank im Dezember gegeben. Eine Verschiebung berge die Gefahr einer Überhitzung, sagte sie. Der Euro rutschte deutlich unter 1,07 Dollar. Am Abend war er für 1,0634 Dollar zu haben. Der Dollar-Index erreichte ein 13-Jahres-Hoch. Yellen positionierte sich gegen die Politik des neuen Präsidenten Donald Trump, der vermutlich auf eine fiskalische Stimulierung der US-Konjunktur setzen wird. Yellen unterstrich zudem die Bedeutung der Unabhängigkeit der amerikanischen Notenbank.—– Berichte Seiten 6 und 7