Geldpolitik

EZB-Direktor Panetta sieht Wendepunkt erreicht

Fabio Panetta spricht sich dafür aus, die Inflation in der Eurozone dadurch zu senken, dass das aktuelle Zinsniveau über einen längeren Zeitraum konstant gehalten wird. Analysten und Ökonomen haben Zweifel an dieser Strategie.

EZB-Direktor Panetta sieht Wendepunkt erreicht

EZB-Direktor sieht Wendepunkt erreicht

Panetta: Zinsniveau länger halten anstelle weiterer Erhöhung

mpi Frankfurt

In der Debatte um die weitere Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat sich Direktoriumsmitglied Fabio Panetta für ein längeres Halten des erreichten Zinsniveaus anstelle einer zusätzlichen Erhöhung ausgesprochen. „Ein Ansatz besteht darin, den Leitzins über den aktuellen Stand hinaus anzuheben, mit dem Risiko, dass er dann früher und schneller gesenkt werden muss, was in den Erwartungen der Anleger über die künftige Zinsentwicklung impliziert ist“, sagte Panetta am Donnerstag bei einem Webinar der Mailänder Universität Bocconi. „Ein anderer Ansatz plädiert stattdessen dafür, das gleiche Maß an Gesamtrestriktion zu erreichen und gleichzeitig Höhen und Tiefen zu vermeiden, indem die Leitzinsen über einen längeren Zeitraum auf dem vorherrschenden Niveau gehalten werden.“

Für Panetta ist diese „Beharrlichkeit“ ebenso wichtig wie die Zinshöhe. Insbesondere da die Risiken für die Inflationsaussichten ausgewogener geworden seien, während die Risiken für die Wirtschaftsaussichten zugenommen hätten. Daher sieht der Italiener einen Punkt erreicht, an dem die EZB vor allem über das Halten des Zinsniveaus über einen längeren Zeitraum die Inflation in Richtung 2-Prozent-Zielwert der EZB senken sollte.

Analysten sind bislang nicht davon überzeugt, dass die EZB tatsächlich die Zinsen über einen langen Zeitraum konstant hält. Auch von der Nachrichtenagentur Bloomberg befragte Ökonomen rechnen im Schnitt damit, dass die erste Zinssenkung im Euroraum bereits Anfang 2024 verkündet wird.

Erzeugerpreise sinken

Die Entwicklung der Produzentenpreise im Juni deutet derweil auf einen geringeren künftigen Inflationsdruck hin. Die Erzeugerpreise sanken um 3,4% im Vergleich zum Vorjahresmonat. Es ist der zweite Rückgang in Folge nach −1,6% im Mai. Maßgeblich für die gesunkenen Herstellerpreise war die Entwicklung bei den Energiekosten. Hier steht im Juni im Jahresvergleich ein Minus von 16,5% zu Buche. Im vergangenen Jahr waren die Energiepreise infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine massiv gestiegen.

In der Spitze legten die Erzeugerpreise daher im Sommer 2022 um über 40% zu. Die Produzentenpreise sind ein Indikator für die künftige Entwicklung der Verbraucherpreise. Unternehmen geben gesunkene oder gestiegene Preise in der Regel zumindest zum Teil an ihre Kunden weiter.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.