DIE EZB LEGT KRÄFTIG NACH

EZB dreht an vielen Stellschrauben

Draghi sieht trotz Neustarts der Anleihekäufe keinen Korrekturbedarf für selbst gesetzte Limits

EZB dreht an vielen Stellschrauben

Mit einem ganzen Katalog von Maßnahmen reagiert die Europäische Zentralbank (EZB) auf die Tatsache, dass die Inflation wohl noch langsamer als bislang erwartet wieder auf die Zielmarke von knapp 2 % steigt. EZB-Chef Draghi berichtet von “einem breiten Konsens” im EZB-Rat.fed Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag eine Reihe von weitreichenden Maßnahmen beschlossen. Anders als von einigen Volkswirten vor der Sitzung erwartet, möchte die Notenbank bereits im November die milliardenschweren Käufe von Anleihen wieder aufnehmen. EZB-Präsident Mario Draghi erklärte auf die Frage, ob die Zentralbank denn nicht die selbst gesetzten Limits anpassen müsste, wenn sie weitere Anleihen auf ihre Bilanz nehme, dass dafür kein akuter Bedarf bestehe. “Wir können noch eine recht lange Zeit kaufen, ohne die Limits anheben zu müssen.” Es ist vorgesehen, dass monatlich Nettokäufe im Volumen von 20 Mrd. Euro getätigt werden sollen. Eine zeitliche Befristung ist nicht vorgesehen. Vielmehr soll das Programm “so lange wie notwendig” fortgesetzt werden, um “die akkommodierende Wirkung der Zinssätze zu verstärken.” Die Käufe sollen “kurz vor dem Beginn von Zinserhöhungen” beendet werden.Der EZB-Rat bekräftigte seine Ansage, dass er noch eine längere Zeit eine ultralockere Geldpolitik für erforderlich hält – zumal die jüngsten Konjunkturdaten signalisierten, dass die Schwächeperiode in der Eurozone noch von einiger Dauer sein dürfte. Zugleich erinnern die Notenbanker daran, dass es nach wie vor Belege für eine gewisse konjunkturelle Widerstandsfähigkeit in Europa gebe, etwa den Beschäftigungszuwachs oder die Lohnsteigerungen. Minus 0,5 ProzentNeben der Neuauflage der Anleihekäufe hat die Zentralbank ebenfalls entschieden, den Einlagenzins um 10 Basispunkte auf minus 0,5 % zu senken. Weil dieser Schritt die Banken zusätzlich belastet, da sie für das Parken von Überschussliquidität künftig höhere Strafzinsen zu zahlen haben, kündigte die EZB die Einführung eines Freibetrags an. Aktuell können die Kreditinstitute einen Betrag in der Höhe ihrer Mindestreserve von 132 Mrd. Euro (entsprechend 1 % ihrer Einlagen) bei der Notenbank hinterlegen, ohne dafür Strafzins zu zahlen. Künftig soll zusätzlich eine Summe des Sechsfachen dieser Mindestreserve – in statischer Betrachtung wären das weitere 792 Mrd. Euro – von Zinskosten befreit werden. Damit müssten die Banken nur noch auf den Rest der überschüssigen Liquidität – in der Größenordnung von knapp 1 Bill. Euro – den Einlagenzins zahlen, dann allerdings den Satz von 0,5 %. Unterm Strich ergibt sich dabei zunächst eine Entlastung der Banken bei den Strafzinsen von Pi mal Daumen 2 Mrd. Euro für alle Banken des Euroraums zusammengenommen. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass durch die Wiederaufnahme der Anleihekaufprogramme die Überschussliquidität tendenziell steigen wird. Was also letztlich bei der ganzen Rechnung herauskommt, ist noch nicht absehbar.Zum Maßnahmenpaket der EZB vom Donnerstag zählt schließlich noch eine Verlängerung der langfristigen, zinsgünstigen Refinanzierungsgeschäfte (TLTROs). Deren Konditionen werden zudem aus Sicht der Banken etwas günstiger.EZB-Chef Draghi nutzte einen seiner letzten öffentlichen Auftritte in diesem Amt noch einmal, um die Regierungen in die Pflicht zu nehmen. “Es ist nun höchste Zeit, dass die Fiskalpolitik Maßnahmen ergreift.”