EZB drosselt ihre Anleihekäufe

Euro-Notenbanken agieren zurückhaltender als zuletzt - PEPP-Volumen auf Wochensicht so niedrig wie nie

EZB drosselt ihre Anleihekäufe

ms Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat auch in der Vorwoche bei ihren Anleihekäufen vergleichsweise zurückhaltend agiert und deutlich weniger Wertpapiere gekauft als in den meisten Wochen seit der drastischen Aufstockung der Wertpapierkäufe im März. Beim Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP stand laut gestern veröffentlichten Daten der EZB auf Wochensicht sogar das geringste Kaufvolumen seit Start des Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) Ende März zu Buche.In der Woche bis vergangenen Mittwoch erwarben die Euro-Notenbanken im Zuge von PEPP und des regulären Anleihekaufprogramms APP (Asset Purchase Programme) Anleihen im Wert von knapp 25,1 Mrd. Euro, wie die EZB mitteilte. In der Woche zuvor hatte das Volumen 25,9 Mrd. Euro betragen. In der Spitze hatte der wöchentliche Wert Anfang Mai bei 44,8 Mrd. gelegen. Auf PEPP entfielen in der Vorwoche 17,5 Mrd. Euro. Zuvor hatte das geringste Volumen bei knapp 20 Mrd. Euro Mitte April gestanden.Das weiterhin gedrosselte Tempo der Käufe dürfte die Spekulationen und Diskussionen unter Volkswirten und Marktteilnehmern über die Zukunft der Anleihekäufe weiter befeuern. Zuletzt hatten einige Euro-Notenbanker gesagt, dass der aktuelle PEPP-Rahmen von 1,35 Bill. Euro gar nicht ganz ausgeschöpft werden müsse, wenn es auch mit weniger ginge. Viele Experten erwarten dagegen aktuell eine weitere Aufstockung, spätestens Anfang 2021. Laut einer Bloomberg-Umfrage setzen die meisten Experten auf eine Erhöhung des Volumens um 500 Mrd. Euro.Im Kampf gegen die Coronakrise und die Jahrhundertrezession hatte der EZB-Rat seine Anleihekäufe im März deutlich hochgefahren und insbesondere auch PEPP aufgelegt. Das ursprüngliche Volumen von 750 Mrd. Euro bis Ende 2020 hatte er dann schon Anfang Juni auf 1,35 Bill. Euro bis Mitte 2021 aufgestockt. Der Kurs ist aber umstritten – insbesondere in Deutschland. Kritiker argwöhnen, die EZB betreibe mit PEPP endgültig monetäre Staatsfinanzierung, weil sie gezielt einzelne Länder wie Italien vor dem finanziellen Kollaps bewahre. Die Euro-Hüter weisen diese Kritik zurück.Neue Nahrung erhält die Kritik durch eine gestern veröffentlichte Studie des Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW und der Brigitte Strube Stiftung. Demnach hat die EZB schon vor der Coronakrise die Titel hoch verschuldeter Euro-Staaten stark übergewichtet. Vor der Pandemie seien mehr italienische, belgische, spanische und französische Staatsanleihen erworben worden, als es das Grundgerüst der Käufe eigentlich erlaubt habe. Für diese vier Länder sei von 2015 bis 2019 der Anteil der von den Euro-Notenbanken gehaltenen Anleihebestände immer kräftiger über den EZB-Kapitalschlüssel des betreffenden Landes geklettert. Mit PEPP habe die Übergewichtung von Spanien und Italien noch einmal deutlich zugenommen.Die Orientierung am Kapitalschlüssel bei PEPP sorgt inzwischen auch im EZB-Rat für zunehmende Diskussionen und teils Dissens. Der Kapitalschlüssel ist offiziell bislang weiter die grundlegende Richtschnur, auch wenn das Eurosystem sich größtmögliche Flexibilität eingeräumt hat. Insbesondere Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau sieht im Kapitalschlüssel einen Nachteil für die Effektivität und Effizienz von PEPP. Bundesbankchef Jens Weidmann und andere halten dagegen (vgl. u. a. BZ vom 27. Mai).