EZB-Falken machen Druck auf Draghi & Co.

Weidmann nimmt QE-Ausstieg in den Blick

EZB-Falken machen Druck auf Draghi & Co.

ms Frankfurt – Die geldpolitischen “Falken” im EZB-Rat erhöhen den öffentlichen Druck auf Notenbankchef Mario Draghi und die Mehrheit im Gremium, zumindest die Debatte über eine geldpolitische Wende im Euroraum zu beginnen – wenn nicht gar den Exit aus der ultralockeren Geldpolitik einzuläuten. Bereits am Dienstag hatte EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger mit der Aussage aufhorchen lassen, sie sei “optimistisch gestimmt, dass wir uns bald der Frage des Ausstiegs widmen können” (vgl. BZ vom 26. Januar). Gestern nun legte Bundesbankpräsident Jens Weidmann mit einer ähnlichen Wortmeldung nach.Am Donnerstagabend betonte Weidmann beim CDU-Wirtschaftsrat in Berlin, dass der Wirtschaftsausblick für den Euroraum zu Jahresbeginn “recht positiv” sei und dass sich die Inflation dem EZB-Preisziel von unter, aber nahe 2 % bis 2019 “allmählich annähern” werde. “Wenn diese Preisentwicklung nachhaltig ist, wird damit die Voraussetzung für den Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik geschaffen”, sagte er laut Redetext. Zudem machte er erneut deutlich, dass er die Dezember-Entscheidung zur Ausweitung der Anleihenkäufe bis Ende 2017 für falsch hält.EZB-Präsident Draghi und seine Mitstreiter versuchen dagegen aktuell, jede Diskussion über einen Kurswechsel schon im Keim zu ersticken. Nach der Zinssitzung vergangene Woche hatte Draghi gesagt, dass ein Ende der ultraexpansiven Geldpolitik und speziell des Wertpapierkaufprogramms (Quantitative Easing, QE) überhaupt kein Thema gewesen sei, und signalisiert, dass es dafür aktuell auch viel zu früh sei. Ähnlich hatten sich später andere Notenbanker geäußert. Im Dezember hatte der EZB-Rat QE über März 2017 hinaus bis Dezember 2017 verlängert, wenn auch ab April mit einem reduzierten monatlichen Kaufvolumen von 60 Mrd. Euro statt 80 Mrd. Euro.Da Weidmann und Lautenschläger zum “Falken”-Lager gehören, also zu jenen, die eher für eine straffere Geldpolitik sind, kommen die Wortmeldungen nicht überraschend. Trotzdem könnten sie die Diskussion über den Exit anheizen. Zudem sind die “Falken” im EZB-Rat zwar nach verbreiteter Einschätzung gegenüber den “Tauben” in der Unterzahl (vgl. BZ vom 5. Januar). Sie könnten aber zum einen versuchen, eher neutrale Notenbanker auf ihre Seite zu ziehen – zumal angesichts der Ende 2016 unerwartet stark beschleunigten Teuerung. Zum anderen können sie die Debatte in Deutschland als größtem Euro-Land beeinflussen. Hierzulande ist die Kritik an der EZB groß. Weidmann war nicht im RatMit seiner Wortmeldung macht Weidmann darüber hinaus klar, dass er weiter der Ansicht ist, dass die Dezember-Entscheidung ein Fehler war – wohl vor allem wegen der langfristigen QE-Festlegung. Damit signalisiert er auch Unmut darüber, dass Draghi vergangene Woche gesagt hatte, der EZB-Rat sei rückblickend “einstimmig” der Auffassung gewesen, dass die Dezember-Entscheidung richtig gewesen sei. Nach Informationen der Börsen-Zeitung hat Weidmann an der eigentlichen geldpolitischen Diskussion des Rats am vergangenen Donnerstag gar nicht teilgenommen. Bundesbankvizepräsidentin Claudia Buch vertrat ihn.Ähnlich verstimmt über Draghis Aussage könnten auch Lautenschläger und der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot sein, die die QE-Ausweitung im Dezember ebenfalls kritisch sehen. Lautenschläger widersprach auf jeden Fall am Dienstag auch explizit einer zentralen Argumentationslinie von Draghi & Co. – dass nämlich die niedrige Kerninflation (ohne Energie und Lebensmittel) dafür spreche, noch lange nicht an den Ausstieg zu denken. “Meines Erachtens geht es nicht darum, zu warten, bis der letzte Zweifel an einer Rückkehr der Inflation ausgemerzt ist”, sagte Lautenschläger.