Geldpolitik

EZB-Falken schicken Warnung an Märkte

Die Märkte spekulieren darauf, dass die EZB ihre Leitzinsen in der nächsten Woche nicht weiter anhebt. Den Hardlinern im EZB-Rat, den "Falken", scheint das nicht zu passen. Sie wollen sich die Möglichkeit einer weiteren Zinsanhebung offenhalten.

EZB-Falken schicken Warnung an Märkte

EZB-Falken schicken Warnung an Märkte

Hardliner im EZB-Rat betonen Möglichkeit weiterer Zinserhöhung nächste Woche – OECD appelliert an Euro-Notenbanker

ms Frankfurt

An den Märkten ist zuletzt verstärkt darauf gewettet worden, dass die EZB ihre Leitzinsen in der nächsten Woche nicht weiter anhebt. Den Hardlinern im EZB-Rat, den "Falken", scheint das nicht zu passen. Sie betonen die Möglichkeit einer weiteren Anhebung. Auch die OECD plädiert für einen anhaltend restriktiven Kurs.

Unmittelbar vor Beginn der Schweigephase vor einer EZB-Zinssitzung haben die Hardliner („Falken“) im EZB-Rat am Mittwoch die Möglichkeit einer weiteren Zinserhöhung in der nächsten Woche betont – und sich damit auch gegen die zunehmenden Spekulationen an den Märkten auf eine Zinspause gestemmt. Der slowakische Zentralbankchef Peter Kazimir erklärte, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen noch ein weiteres Mal anheben müsse und dass dafür die nächste Woche die bessere Option sei. Der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot sagte, dass die Finanzmärkte womöglich die Wahrscheinlichkeit einer Zinsanhebung in der kommenden Woche unterschätzten.

Ausgang offen wie lange nicht

Die EZB kommt am 14. September zu einer wegweisenden Sitzung zusammen, und der Ausgang ist wenige Tage vor dem Treffen offen wie seit Jahren nicht. Hintergrund ist das Dilemma, in dem sich die EZB befindet – zwischen einer weiter zu hoher Inflation auf der einen und zunehmenden Konjunktursorgen auf der anderen Seite. Denkbar ist nun eine weitere Zinserhöhung oder eine Zinspause. Seit Juli 2022 hat die EZB ihren Leitzinsen um 425 Basispunkte erhöht – so aggressiv wie nie seit der Euro-Einführung 1999.

In den vergangenen Tagen hatten Marktteilnehmer ihre Zinserwartungen für September deutlich zurückgeschraubt. Vor den Aussagen am Mittwoch war an den Geldmärkten eine Zinserhöhung nur noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 30% eingepreist. Grund dafür waren neben Aussagen einiger EZB-"Tauben", die zur Vorsicht gemahnt hatten, insbesondere die am Freitag veröffentlichten Inflationsdaten für August. Die Gesamtteuerung hatte zwar überraschend bei 5,3% stagniert. Die Kernrate ohne Energie und Lebensmittel war dagegen weiter von 5,5% auf 5,3% zurückgegangen. Vor den Daten galt eine Zinserhöhung als zu 60% wahrscheinlich.

Die „Falken“ stemmen sich nun gegen solche Entwicklungen. Nach Ansicht von EZB-Ratsmitglied Kazimir muss die EZB die Zinssätze ein weiteres Mal anheben. Eine Erhöhung schon in der nächsten Woche sei einer Pause vorzuziehen, da das Preiswachstum weiterhin zu stark sei, schrieb er in einer am Mittwoch veröffentlichten Mitteilung. „Dies ist eine eindeutigere und effizientere Lösung.“ Die Märkte würden so einen klareren Hinweis auf den voraussichtlichen Zinsgipfel erhalten. Man habe so mehr Zeit zu bewerten, ob sich die Inflation auf einem nachhaltigen Abwärtspfad in Richtung des Inflationsziels befinde. Es sei „besser, auf Nummer sicher zu gehen“, sagte Kazimir.

Der niederländische Zentralbankchef Knot räumte zwar ein, dass es eine „enge Entscheidung“ werde, für die vor allem auch die neuen Projektionen der EZB-Volkswirte wichtig werden würden. Zugleich sagte er in einem Interview mit Bloomberg aber, dass die Märkte die Möglichkeit einer Zinserhöhung "vielleicht" als zu gering ansähen. “Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das Erreichen unseres Inflationsziels von 2% bis Ende 2025 das absolute Minimum ist”, sagte Knot. “Ich würde mich mit jeder Entwicklung, die diese Frist noch weiter hinausschieben würde, eindeutig unwohl fühlen. Und ich hätte auch nichts dagegen, wenn sie ein wenig nach vorne verschoben würde.”

Dagegen betonte der französische Zentralbankchef François Villeroy de Galhau am Mittwoch erneut, dass die EZB auf den nächsten Zinssitzungen in alle Richtungen entscheiden könne. "Unsere Optionen sind offen für dieses wie für das folgende Treffen", sagte er dem Radiosender BFM Business. Zvor hatte er sich schon ähnlich geäußert. Bundesbankpräsident Joachim Nagel ließ sich in einem "Handelsblatt"-Interview am Mittwoch nicht in die Karten schauen. Eigentlich gehört auch Nagel dem Lager der "Falken" an.

Ebenfalls am Mittwoch erklärte die Industrieländerorganisation OECD, dass die EZB weiter einen strikten Kurs fahren müsse, bis der zugrunde liegende Inflationsdruck nachlasse. Nicht zuletzt die Kernteuerung sei hoch und es gebe Aufwärtsrisiken für die Inflation. "Die EZB muss die Zinssätze so lange wie nötig anheben, um die Inflation wieder auf einen nachhaltigen Pfad in Richtung des 2-Prozent-Ziels zu bringen", so die OECD.

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