EZB, Fed und Bank of England bekräftigen Straffungskurs
Zentralbanken bekräftigen Straffungskurs
EZB, Fed und Bank of England betonen, dass die Zinsen noch weiter steigen müssten – Erstmal keine Erhöhung in Japan in Sicht
Die Zentralbanken befinden sich angesichts der Folgen ihrer Zinserhöhungen für Realwirtschaft und Finanzsystem an einem kritischen Punkt. Beim EZB-Forum in Sintra stellten die Notenbankchefs aus den USA, dem Euroraum und Großbritannien jedoch klar, dass sie von ihrem Straffungskurs nicht abrücken werden.
ms/mpi Frankfurt
Die Zentralbankchefs aus den USA, dem Euroraum und Großbritannien haben klargemacht, dass sie derzeit nicht von ihrem Zinserhöhungskurs gegen die hartnäckig hohe Inflation abrücken wollen. US-Notenbankchef Jerome Powell, EZB-Präsidentin Christine Lagarde und der Chef der Bank of England, Andrew Bailey, äußerten sich am Mittwoch zum Abschluss des geldpolitischen Forums der EZB im portugiesischen Sintra. „Wir müssen unseren Job erledigen, die Inflation auf das Ziel zurückführen, und wir werden tun, was nötig ist“, sagte Bailey. Powell betonte, die sozialen Kosten seien langfristig höher, wenn die Zentralbanken nicht wieder für Preisstabilität sorgen würden.
Die Paneldiskussion mit Powell, Lagarde und Bailey sowie Japans Zentralbankchef Kazuo Ueda war mit großer Spannung erwartet worden, schließlich befinden sich die Zentralbanken an einem kritischen Punkt: Nach den aggressivsten Zinserhöhungen seit Jahrzehnten stehen sie vor der Frage, wie weit die Zinsen noch erhöht werden sollen. Dabei stecken sie in einem gewissen Dilemma: Einerseits ist die Inflation zuletzt zwar vielerorts deutlich gesunken, sie liegt aber immer noch verbreitet über den 2-Prozent-Zielen der Zentralbanken und vor allem der zugrundeliegende Preisdruck erweist sich als hartnäckig. Andererseits nehmen die Sorgen wegen einer möglichen Rezession zu und weiter steigende Zinsen könnten das Finanzsystem noch mehr unter Stress setzen.
IWF-Vizechefin Gita Gopinath hatte zum Auftakt des EZB-Forums in Sintra am Montag betont, dass die Notenbanken aus ihrer Sicht angesichts der hohen Inflation restriktiver werden müssen – trotz des Risikos eines schwächeren Wirtschaftswachstums. Auch die Zentralbank der Zentralbanken BIZ warnte in ihrem am Wochenende veröffentlichten Jahresbericht davor, bei der Straffung der Geldpolitik zu früh nachzulassen. Es dürfe keine „Inflationspsychologie“ entstehen, die dazu führe, dass sich Lohn- und Preissteigerungen gegenseitig verstärken. „Die Arbeit der Zentralbanken ist noch lange nicht erledigt“, hieß es in dem Bericht.
Angespannter Arbeitsmarkt
Fed-Chef Powell sagte nun, dass die jüngsten Daten gezeigt hätten, dass das Wirtschaftswachstum stärker ausgefallen sei als erwartet, der Arbeitsmarkt angespannter sei als gedacht und die Inflation höher sei als vermutet. Das sei womöglich ein Zeichen dafür, dass die Geldpolitik eventuell „noch nicht restriktiv genug und nicht lange genug restriktiv“ sei. Deshalb verwies er auch auf die jüngsten Zinsprogosen der Fed, die zwei weitere Zinsanhebungen in diesem Jahr signalisieren.
Seit März 2022 hat die Fed ihren Leitzins um insgesamt 500 Basispunkte angehoben – so aggressiv wie zuletzt in den 1980er Jahren. Im Juni hatte die Fed dann den Leitzins nach 10 Erhöhungen in Folge nicht angetastet. Man wolle die Zeit nutzen, um die Auswirkungen der erfolgten Zinserhöhungen auf die Real- und Finanzwirtschaft zu beobachten. Powell sprach zudem über die nur langsam nachlassende Kerninflation in den USA. „Ich gehe nicht davon aus, dass die Kerninflation dieses oder nächstes Jahr auf 2% sinken wird“, sagte der Fed-Chef.
EZB-Präsidentin Christine Lagarde betonte zum Abschluss des Forums in Sintra ebenfalls, dass die geldpolitischen Zügel noch straffer gezogen werden müssten. „Wir sehen nicht genügend greifbare Beweise dafür, dass sich die zugrunde liegende Inflation – insbesondere die Inlandspreise – stabilisiert und sich nach unten bewegt“, sagte Lagarde. Eine weitere Zinserhöhung im Juli um 25 Basispunkte sei daher sehr wahrscheinlich. Dazu, wie es danach weitergehen könnte, äußerte sich Lagarde auf Nachfrage nicht. Ob eine weitere Zinserhöhung im September ansteht oder bis dahin der Zinsgipfel in der Eurozone erreicht ist, werde datenbasiert entschieden.
Lagarde sagte zudem, dass die geldpolitische Transmission inzwischen länger dauere als noch vor Jahrzehnten – also die Auswirkungen der Zinserhöhungen auf die Wirtschaft erst später spürbar seien als in der Vergangenheit und sich dadurch auch erst mit größerer Verzögerung auf die Inflationsrate auswirkten. Dies liege daran, dass es inzwischen in der Eurozone häufiger Hypothekenkredite mit festem Zinssatz gebe. Die Auswirkungen der bisherigen Zinserhöhungen auf die Kreditnachfrage und die Kreditzinsen seien aber im Rahmen des Erwartbaren.
Der Forderung mancher Ökonomen, die Inflationsziele der Notenbanken zu erhöhen, erteilte Lagarde eine klare Absage. „Das Inflationsziel anzupassen ist jetzt kein Thema.“ Erst müsse man die Teuerung wieder unter 2% senken, bevor man darüber diskutieren könne, ob ein höheres Inflationsziel sinnvoll sei oder nicht. Ähnlich äußerte sich auch der britische Notenbankchef Bailey.
Anders als im Euroraum, in Großbritannien und in den USA hat die Zentralbank in Japan die Zinsen bislang nicht erhöht. Äußerungen von Notenbankchef Ueda deuten darauf hin, dass es dabei auch erstmal bleibt. „Obwohl die Gesamtinflationsrate etwa 3% beträgt – was deutlich über dem Inflationsziel von 2% liegt –, glauben wir, dass die zugrunde liegende Inflation immer noch etwas unter 2% liegt.“