EZB in der Zwickmühle
An den Börsen ist ein weiterer Zinsschritt im Verlauf der nächsten zwölf Monate bereits eingepreist. EZB-Präsident Mario Draghi wird sich entgegen dem Rat vieler seiner Kritiker aber nicht gegen diese Erwartungen stellen. Denn er muss sich des Eindrucks erwehren, dass sein geldpolitischer Handlungsspielraum bereits erschöpft ist.lz Frankfurt – Eine Zinswende in der Eurozone liegt offenbar noch in weiter Ferne. Zumindest gibt der geldpolitische Datenkranz dahingehend noch keinerlei Hinweis, wie aus dem neuen EZB-Kompass der DekaBank hervorgeht. Darin werden die für die Europäische Zentralbank (EZB) ausschlaggebenden volkswirtschaftlichen Daten zusammengefasst.Im März orientierte er sich wieder stärker “gen Süden” in Richtung einer Zinssenkung. Er liegt jetzt bei 24,4 Punkten nach 24,9 Zählern im Monat davor. Allerdings war die angezeigte Tendenz zuletzt nicht so deutlich sichtbar, weil einige geldpolitische Richtungsmarken besser ausfielen als erwartet, so dass die Kompasswerte für Januar und Februar nach oben revidiert wurden. Dafür brachte dann der März einen neuerlichen Rückschlag. Geht man davon aus, dass sich die konjunkturelle Erholung mit ihrem bisherigen, eher moderaten Tempo fortsetzt, der Abwärtsdruck auf die Inflation von Seiten der Rohstoffpreise sowie die wirtschaftliche Unterauslastung mit der Zeit nachlässt, kann man von einer moderaten Richtungskorrektur bis Ende 2017 ausgehen, erwartet Deka-Volkswirt Kristian Tödtmann.Inzwischen dürfte auch im EZB-Rat die Schar der Zweifler am bisherigen EZB-Kurs zugenommen haben, da die Wirkung der unkonventionellen Instrumente mehr und mehr abnimmt, wie jetzt auch die Kreditdaten wieder deutlich zeigen. Die EZB betrachtet die Kreditvergabe der Banken als das entscheidende Scharnier für die Transmission ihrer Geldpolitik. Um den Erfolg ihrer zahlreichen expansiven Maßnahmen zu belegen, verweist sie auf gesunkene Kreditzinsen und einen leichteren Zugang zu Krediten sowie auch auf die wieder steigenden Kreditaggregate. Auch die März-Beschlüsse zielten in diese Richtung.Allerdings muss man kritisch hinterfragen, welche Erfolgsaussichten eine solche Politik des Credit Easing überhaupt hat. Denn gemäß der jüngsten Ausgabe des Bank-Lending-Survey wurden die Kreditkonditionen für nichtfinanzielle Unternehmen und Konsumenten im ersten Quartal zwar weiter gelockert. In beiden Bereichen hat der Anstieg der Kreditnachfrage jedoch wieder etwas nachgelassen. Tödtmann: “Dies deutet darauf hin, dass für viele Unternehmen die Verfügbarkeit von Krediten kein Engpassfaktor mehr ist und eine weitere Lockerung der Geldpolitik daher fallende Grenzerträge aufweisen würde.”Laut Protokoll der jüngsten EZB-Sitzung hatten Ratsmitglieder bereits darauf hingewiesen, dass die Investitionstätigkeit der Unternehmen weniger wegen der Kreditkonditionen oder des reichlich vorhandenen Spielraums über die Innenfinanzierung schwach bleibt, sondern wegen der wirtschaftlichen Verunsicherung und weil das Potenzialwachstum so schwach ausfällt. Sollte sich dies als zutreffend erweisen, so Tödtmann, wäre die EZB mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln kaum in der Lage, die nach wie vor träge Kreditvergabe der Banken spürbar zu beschleunigen. “Erfolgversprechender als eine neuerliche Lockerung der Geldpolitik wären dann eher strukturelle Reformen oder öffentliche Investitionen.” Die Geldpolitik hätte ihre Grenzen erreicht und wäre auf die Mithilfe anderer Politikbereiche angewiesen.Auch an der Inflationsfront rührt sich ja nichts. Die Inflationserwartungen haben sogar tendenziell nachgegeben. EZB-Ratsmitglieder äußern zwar weiter die Sorge vor negativen Zweitrundeneffekten. Und die mit 1,4 % für 2017 erwartete Inflationsrate liegt zwar unter den Zielvorstellungen der EZB. Doch dieser Wert, so Tödtmann, sei nicht unbedingt besorgniserregend niedrig. Wie diffizil sich die EZB am Donnerstag im Sinne ihrer Forward Guidance äußern wird, dürfte daher mit Spannung erwartet werden.