EZB in Sorge wegen Euro-Stärke

Notenbanker befürchten mögliches "Überschießen" - Änderung der Forward Guidance im Juli verworfen

EZB in Sorge wegen Euro-Stärke

Bislang hatte EZB-Präsident Mario Draghi den Eindruck erweckt, die jüngste Euro-Aufwertung sei für die EZB kein großes Thema. Das Protokoll der Juli-Sitzung klingt anders. Die EZB fürchtet eine Überreaktion der Märkte.ms Frankfurt – Die jüngste Euro-Aufwertung scheint den Notenbankern der Europäischen Zentralbank (EZB) mehr Sorgen zu bereiten, als es bislang den Eindruck gemacht hat. Bei der Sitzung des EZB-Rats Mitte Juli werteten die Währungshüter den damaligen Kursanstieg – laut dem gestern veröffentlichten Sitzungsprotokoll – zwar auch als Ausdruck verbesserter Konjunkturperspektiven im Euroraum und eines verbesserten politischen Umfelds in Europa. “Zugleich wurden jedoch Bedenken hinsichtlich des Risikos eines möglichen Überschießens des Wechselkurses in der Zukunft geäußert”, wie es im Protokoll heißt.Darüber hinaus wurde “hervorgehoben, dass die nach wie vor günstigen Finanzierungsbedingungen nicht als selbstverständlich angesehen werden können”. Der Euro-Kurs ist ein Einflussfaktor. Solch günstige Finanzierungsverhältnisse seien aber weiterhin nötig, um die Euro-Wirtschaft zu stützen und die Inflation in den Zielbereich von knapp 2 % zu bekommen, so das Protokoll.Bei der Pressekonferenz nach der Juli-Sitzung hatte EZB-Präsident Mario Draghi auf Nachfrage lediglich erklärt, die Euro-Aufwertung habe “etwas Aufmerksamkeit” in der Diskussion erhalten. Das wurde als Signal gewertet, dass der EZB-Rat noch nicht besorgt ist – woraufhin der Euro weiter aufwertete. Nach der Veröffentlichung des Protokolls gestern gab der Euro teils deutlich nach.”Die Wahrheit ist, dass die EZB sich gewiss mehr Sorgen macht, als der Markt das bislang vermutet hat”, sagte Simon Derrick, Analyst beim Vermögensverwalter BNY Mellon. “Das war eine klare verbale Intervention der EZB. Damit unterstützt die EZB die exportabhängige Wirtschaft der Eurozone”, sagte gar Thomas Altmann, Fondsmanager vom Brokerhaus QC Partners, zu Reuters.Für die EZB sind Aussagen zum Wechselkurs besonders heikel. Sie verfolgt offiziell kein Wechselkursziel und innerhalb der G 20-Staaten gibt es die Vereinbarung, von einer Wechselkurspolitik zulasten anderer abzusehen. Zugleich hat der Euro-Kurs aber etwa über die Importpreise Einfluss auf die Inflation. Die jüngste Aufwertung könnte dazu führen, dass die EZB noch länger braucht, das 2 %-Ziel zu erreichen.In den vergangenen Monaten hatte der Euro zwischenzeitlich ein Zweieinhalb-Jahres-Hoch erreicht. Die Aufwertung hatte begonnen mit unerwartet guten Konjunkturdaten und nachdem Wahlen wie jene in Frankreich Sorgen vor einer Populismuswelle gemindert hatten. Verstärkt worden war sie durch Erwartungen an einen allmählichen Ausstieg der EZB aus ihrer ultralockeren Geldpolitik – nicht zuletzt geschürt durch Draghi selbst, etwa durch einen Auftritt in Sintra Ende Juni.Alles in allem bestätigte das Protokoll nun das aktuelle Bild mit Blick auf die EZB: Die Euro-Hüter sind zwar zuversichtlicher fürs Wachstum, sehen aber noch keine ausreichenden Anzeichen für einen selbsttragenden Anstieg der Teuerung in Richtung 2 %. Das bestätigt Erwartungen, dass die EZB allenfalls äußerst vorsichtig den Exit einläutet.”Insgesamt wurde es … als vorrangig angesehen, im gegenwärtigen Stadium ein Aussenden von Signalen zu vermeiden, die überinterpretiert werden und sich als verfrüht erweisen könnten”, heißt es auch im Protokoll. Der EZB-Rat sah deshalb auch davon ab, seine Bereitschaft, die Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE) notfalls zu erhöhen, aus dem Statement zu streichen. Damit hatten vor der Juli-Sitzung einige Beobachter gerechnet. Die starke Marktreaktion auf die Sintra-Rede dürfte dann mit dazu beigetragen haben, dass es anders kam.Für den Herbst hat Draghi eine Grundsatzentscheidung über die Zukunft von QE avisiert. Als wahrscheinlichster Termin erscheint aktuell die Sitzung am 26. Oktober. Bislang sind die Käufe von aktuell 60 Mrd. Euro monatlich bis Ende 2017 angesetzt. Als wahrscheinlichstes Szenario gilt derzeit eine abermalige QE-Verlängerung um einige Monate bei reduziertem Kaufvolumen.