EZB kauft so viele Anleihen wie nie

Eurosystem erwirbt im Oktober für 85,4 Mrd. Euro Wertpapiere - Hitzige Debatte über Verlängerung

EZB kauft so viele Anleihen wie nie

Der weitere Kurs der EZB treibt aktuell Marktakteure und Volkswirte um. Im EZB-Rat gehen die Meinungen auseinander. Erst einmal aber schlägt die EZB weiter kräftig zu. Im Oktober markierte sie bei QE sogar einen Rekord.ms Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im Oktober so viele Anleihen gekauft wie seit Beginn des Wertpapierkaufprogramms (Quantitative Easing, QE) nicht. Das Eurosystem aus EZB und nationalen Zentralbanken erwarb im abgelaufenen Monat Papiere im Wert von gut 85,4 Mrd. Euro, wie die Notenbank gestern mitteilte. Der bisherige Höchstwert datierte aus dem Mai 2016 mit rund 85,3 Mrd. Euro. Seit April kauft das Eurosystem für rund 80 Mrd. Euro statt der 60 Mrd. Euro wie im ersten Jahr des im März 2015 gestarteten QE-Programms.Unterdessen nimmt die Debatte über die Zukunft von QE weiter Fahrt auf. Luigi Signorini, Vorstandsmitglied der italienischen Zentralbank, signalisierte gestern laut Reuters im italienischen Parlament eine Fortsetzung von QE über das aktuelle Enddatum März 2017 hinaus – mit unverändertem Kaufvolumen. Ein Herunterfahren der Käufe (Tapering) hält Signorini demnach für unwahrscheinlich. Dagegen sagte EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger gestern Abend laut Redetext in München, dass sie “sehr skeptisch” sei, was weitere Zinssenkungen oder zusätzliche expansive geldpolitische Maßnahmen angehe.Tatsächlich erscheint es quasi als ausgemachte Sache, dass die EZB ihr umstrittenes Anleihekaufprogramm im Dezember verlängert. EZB-Präsident Mario Draghi hatte nach der jüngsten Zinssitzung gesagt, niemand denke an ein “abruptes Ende” – und damit öffentlich formuliert, was in Notenbankkreisen seit langem viele dachten. Die große Frage aber ist, wie lange die EZB an QE festhält und ob es bei monatlich 80 Mrd. Euro bleibt oder die Käufe allmählich zurückgefahren werden.Im EZB-Rat gehen die Meinungen darüber auseinander. Wie gestern Lautenschläger hatte auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann bereits Ende vergangener Woche klargemacht, dass er eigentlich noch nicht überzeugt ist von der Notwendigkeit nachzulegen – oder dass er für den Fall einer QE-Verlängerung zumindest für ein Tapering plädiert. Zumindest auch einige andere Notenbanker im EZB-Rat scheinen für ein Tapering ab März zu sein. Sie verweisen auf das anhaltende Wachstum der Euro-Wirtschaft und die anziehende Inflation.Viele andere Notenbanker aber scheinen die Zeit dafür noch nicht für reif zu halten. Sie sehen bei der zugrunde liegenden Inflation noch keinen überzeugenden Trend hin zum EZB-Preisziel von 2 %. Sie argumentieren zudem, dass selbst der aktuelle projizierte Inflations- und Wachstumspfad weiterhin von den außergewöhnlich günstigen Finanzierungsbedingungen abhängig sei, die in erster Linie die akkommodierende Geldpolitik der EZB widerspiegelten.Bemerkenswert sind vor dem Hintergrund aber Aussagen von EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio. Der Notenbanker sagte am Wochenende in Chicago nicht nur, dass die Inflation bis März auf 1,3 % steigen könne. Er sprach vielmehr auch davon, dass es einen “Trend zu angemesseneren Inflationsniveaus” gebe. Constâncio gilt im EZB-Rat eher als Verfechter einer aggressiven Geldpolitik.Der neue QE-Rekord im Oktober scheint derweil zu signalisieren, dass die EZB zumindest bislang keine Probleme hat, genug Papiere zum Kauf vorzufinden. Selbst im EZB-Rat gibt es eine Diskussion über mögliche Engpässe. Zumindest bei einer QE-Verlängerung müsste die EZB wahrscheinlich an selbst gesetzten QE-Regeln schrauben. Im Oktober kaufte die EZB für knapp 73 Mrd. Euro Staats- und andere öffentliche Anleihen – nach knapp 70 Mrd. Euro im September. Der Bestand an Unternehmensanleihen erhöhte sich um gut 8,4 Mrd. Euro, jener an Covered Bonds um rund 3,4 Mrd. Euro und jener an Kreditverbriefungen um 589 Mill. Euro.Mit den 85,4 Mrd. Euro im Oktober steigt laut DZ Bank der kumulierte Puffer, den das Eurosystem vorhält, um geringere Ankaufvolumina in den Monaten August und vor allem Dezember auszugleichen, von 7,8 Mrd. Euro im September auf 13,2 Mrd. Euro im Oktober. Gestern kündigte die EZB an, ihre Anleihekäufe vor den Weihnachtstagen zu beschleunigen – um dann rund um die Festtage zu pausieren.Unterdessen macht sich Griechenland Hoffnung, bald auch Teil des QE-Programms zu sein. Ministerpräsident Alexis Tsipras sagte am Wochenende, Anleihen seines Landes könnten ab dem ersten Quartal 2017 aufgenommen werden. Das ließ gestern griechische Staatsanleihen im Wert deutlich steigen. Draghi hatte dazu nach der jüngsten Zinssitzung gesagt, dass es nun erst einmal darum gehe, die Nachhaltigkeit von Athens Schulden einzuschätzen. So lange sei es verfrüht, über den Kauf griechischer Titel zu spekulieren.