EZB kauft völlig unbeirrt weiter in großem Stil

Euro-Hüter trotzen kritischem Karlsruhe-Urteil

EZB kauft völlig unbeirrt weiter in großem Stil

ms Frankfurt – Das Eurosystem hat in der vergangenen Woche erneut kräftig am Anleihemarkt zugeschlagen und kaum weniger Wertpapiere gekauft als in der Vorwoche, als die Käufe einen Rekordwert erreicht hatten. In der Handelswoche bis vergangenen Mittwoch erwarben die Euro-Notenbanken Anleihen im Wert von 43,3 Mrd. Euro, wie die EZB gestern mitteilte. In der Woche zuvor hatte sich die Summe auf 44,8 Mrd. Euro belaufen (vgl. BZ vom 12. Mai). Der Großteil, 39,8 Mrd. Euro, entfiel erneut auf staatliche Titel. Hilfe für ItalienIm Kampf gegen die Coronakrise und die tiefste Rezession in der Geschichte der Währungsunion hat der EZB-Rat zu beispiellosen Maßnahmen gegriffen. Insbesondere hat er im März das 750 Mrd. Euro umfassende Pandemie-Notfallankaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) aufgelegt. Mit diesem zielt er kaum verhohlen auch darauf ab, besonders betroffene Länder wie Italien vor dem finanziellen Kollaps zu bewahren. Das hat der EZB den Vorwurf eingebracht, sie betreibe monetäre Staatsfinanzierung, die der EU-Vertrag verbietet.Besondere Brisanz erhalten die aktuellen Rekordkäufe dadurch, dass das Bundesverfassungsgericht Anfang Mai das EZB-Anleihekaufprogramm PSPP (Public Sector Purchase Programme) als teilweise nicht konform mit dem Grundgesetz bezeichnet und der EZB eine Überschreitung ihrer Kompetenzen vorgeworfen hat. Damit hat sich Karlsruhe zum ersten Mal über ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hinweggesetzt. Die Richter haben der EZB drei Monate Zeit gegeben, die Verhältnismäßigkeit ihrer Anleihekäufe nachzuweisen – sonst dürfe die Bundesbank nicht mehr teilnehmen.In der vergangenen Woche kaufte das Eurosystem aus EZB und nationalen Zentralbanken im Zuge von PSPP nun Papiere im Wert von 10,9 Mrd. Euro. Auf das PEPP-Programm entfielen 28,9 Mrd. Euro. Der überwiegende Teil dürfte wohl erneut in italienische Staatsanleihen geflossen sein. Bereits jetzt zeichnet sich damit ab, dass im Mai der bisherige Monatsrekordwert aus dem April von 141,9 Mrd. Euro übertroffen wird. Das Tempo der Käufe hat zusammen mit trotzdem wieder steigenden Risikospreads Spekulationen angeheizt, dass der EZB-Rat PEPP bereits im Juni aufstocken könnte.EZB-Chefvolkswirt Philip Lane untermauerte gestern, dass sich die EZB durch das kritische Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt sehe. “Wir sind sicher, dass alles, was wir tun, notwendig ist, um unser Mandat zu erfüllen. Und wir werden tun, was wir müssen, um unser Mandat zu erfüllen”, sagte Lane der spanischen Tageszeitung “El País”. Das vorrangige Mandat der EZB lautet Preisstabilität. Der EZB-Rat definiert das als eine mittelfristige Inflationsrate von unter, aber nahe 2 %. Davon ist die Teuerung derzeit weit entfernt. Lane: EZB kann nachlegenLane sagte zudem, dass die Euro-Wirtschaft nach Einschätzung der EZB wahrscheinlich frühestens im nächsten Jahr das Niveau vor der Krise erreichen wird. “Aus heutiger Sicht sieht es auf jeden Fall unwahrscheinlich aus, dass die Wirtschaftstätigkeit vor 2021, wenn nicht sogar später, zu ihrem Vorkrisenniveau zurückkehren wird.” Die EZB sei deshalb bereit, notfalls ihre Instrumente anzupassen. Wenn die finanziellen Bedingungen zu angespannt seien oder der Druck auf einzelnen Anleihemärkten nicht die wirtschaftlichen Fundamentaldaten widerspiegele, könne die EZB den Umfang oder die Dauer ihrer Anleihekäufe zur Stützung der Konjunktur anpassen.