EZB: Kein Beitrittskandidat reif für den Euro

Konvergenzbericht sieht Fortschritte bei öffentlichen Finanzen - Nachholbedarf bei Qualität der Institutionen

EZB: Kein Beitrittskandidat reif für den Euro

jw Frankfurt – Keiner der sieben möglichen Euro-Kandidaten erfüllt derzeit nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) alle notwendigen Kriterien für eine Aufnahme in den Währungsraum. Zwar hätten die EU-Mitgliedstaaten in den vergangenen Jahren Fortschritte bei den wirtschaftlichen Kriterien gemacht, es seien aber nach wie vor erhebliche Anstrengungen notwendig, um alle Anforderungen des EU-Vertrags einschließlich der Kriterien der rechtlichen Konvergenz zu erfüllen, stellt die EZB in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Konvergenzbericht fest. Der Bericht wird von der Notenbank alle zwei Jahre erstellt und untersucht die wirtschaftliche und rechtliche Entwicklung von sieben EU-Ländern: Bulgarien, Kroatien, Polen, Rumänien, Schweden, Tschechische Republik und Ungarn. Diese Länder sind laut den EU-Verträgen verpflichtet, der Gemeinschaftswährung langfristig beizutreten. Der EZB zufolge sind die Länder mit den meisten quantitativen wirtschaftlichen Kriterien konform. Fünf der sieben untersuchten Länder erfüllten die Preisstabilitätskriterien. Ausnahmen waren die Tschechische Republik und Ungarn, welche Inflationsraten über dem Referenzwert von 1,9 % notierten. Laut dem EU-Vertrag zu den Konvergenzkriterien darf die Inflation über einen Zeitraum von zwölf Monaten maximal 1,5 Prozentpunkte über dem Wert der drei am besten abschneidenden EU-Länder liegen. 2016 hatten noch alle der untersuchten Länder mit Ausnahme von Schweden die Preisstabilitätskriterien erfüllt. Deutliche Fortschritte gab es derweil bei den Defizitvorgaben. 2017 wiesen alle Länder ein Haushaltsdefizit innerhalb der 3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf und kein Land ist Teil eines Defizitverfahrens gewesen. Das war 2016 noch anders, als Kroatien in solch einem Verfahren steckte. Nur Kroatien und Ungarn lägen über der Schuldenstandsmarke von 60 % des BIP, würden sich dieser Grenze aber rasch annähern, so die EZB. Bei den sogenannten weichen Kriterien, wie Unabhängigkeit der Institutionen und Rechtssysteme, sieht die Notenbank allerdings großen Nachholbedarf in allen sieben Ländern. Auch Kommission bleibt hartAuch laut der EU-Kommission ist derzeit keiner der Anwärterstaaten fit für den Euro. Die Brüsseler Behörde bescheinigte den Staaten in ihrem eigenen Konvergenzbericht zwar ebenfalls solide öffentliche Finanzen, vermisst aber die Wechselkursstabilität. Keines der Länder nehme momentan am europäischen Wechselkursmechanismus (WKM II) teil. Dieser legt den Rahmen für den Leitkurs der jeweiligen Landeswährung zum Euro fest. Den Kriterien zufolge müssen Beitrittsländer zwei Jahre lang ohne größere Probleme an diesem Mechanismus teilgenommen haben. Ist dies der Fall gewesen, steht ihrem Eintritt in die Währungsunion so gut wie nichts mehr im Wege. Die EZB und die EU-Kommission monieren in ihren Berichten jedoch, dass die meisten Währungen der Länder, außer Bulgarien und Kroatien, in den letzten zwei Jahren eine hohe Volatilität gehabt hätten. Insbesondere für Bulgarien kommt das Zeugnis der EZB zur Unzeit. Das Land hat Interesse an einer baldmöglichsten Euro-Einführung bekundet. Die EZB möchte von dem südosteuropäischen Land aber noch weitere Reformen sehen.—– Blickfeld Seite 5