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EZB preist Effekt von Negativzins und QE

Analyse attestiert spürbare Wirkung auf Wachstum und Inflation - Berechnungen umstritten

EZB preist Effekt von Negativzins und QE

ms Frankfurt – Die beispiellosen geldpolitischen Maßnahmen seit Mitte 2014 haben nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) das Wachstum im Euroraum deutlich erhöht und auch bei der Inflation einen spürbaren Effekt hinterlassen. Das geht aus einer Analyse der Notenbank hervor, die in einem gestern veröffentlichten, knapp 350 Seiten umfassenden Arbeitspapier zu 20 Jahre EZB-Geldpolitik enthalten ist (Titel: “A tale of two decades: the ECB’s monetary policy at 20”).Laut der Analyse hätte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Euroraum zum Jahresende 2018 um 2,7 % niedriger gelegen als mit den Maßnahmen wie dem Negativzins, dem Zinsausblick (Forward Guidance), den langfristigen Refinanzierungsgeschäften (TLTROs) und den Anleihekäufen (Quantitative Easing, QE). Die jährliche Inflationsrate wäre demnach zwischen 2015 und 2018 im Durchschnitt um rund 0,3 Prozentpunkte geringer ausgefallen, so der Bericht, zu dessen Autoren unter anderen Massimo Rostagno gehört, einer der wichtigsten geldpolitischen Berater in der EZB. Beispiellose MaßnahmenIm Kampf gegen die Rezession im Jahr 2013 und die teilweise deutlich unter Ziel liegende Inflation hatte die EZB ab Mitte 2014 zu den beispiellosen Lockerungsmaßnahmen gegriffen. Vor allem in Deutschland sind sie heftig umstritten – insbesondere der Negativzins und die QE-Käufe. Im September dieses Jahres hatte sich der Streit erneut verschärft, als der EZB-Rat bei der vorletzten Sitzungen unter Führung von Mario Draghi seine Geldpolitik erneut lockerte. Kritik gab es vor allem an der Wiederaufnahme der Ende 2018 eingestellten QE-Nettokäufe.Umstritten ist auch die Bilanz, speziell jene der QE-Käufe (vgl. u. a. BZ vom 14.12.2018). Zwar belegen einige Studien, dass die Anleihekäufe die Renditen von Euro-Staatsanleihen und anderen Wertpapieren deutlich gesenkt und die Vermögenspreise befeuert haben. Die Kreditzinsen im Euroraum wurden teils auf historische Tiefststände gedrückt. Zudem hat QE den Euro abwerten lassen. Was die realwirtschaftlichen Effekte von QE betrifft, insbesondere auf die Inflation, ist die empirische Evidenz aber weniger eindeutig.Die Bundesbank hatte ihrerseits Mitte 2016 mit einer Analyse zu den gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des ursprünglichen QE-Programms für Aufsehen gesorgt. Die eine zentrale Botschaft war, dass der Effekt für sich genommen sehr unsicher sei, weil er stark vom gewählten Modell abhängig sei. Eine andere Botschaft schließlich war, dass auch die unerwünschten Nebenwirkungen zu berücksichtigen seien.Die EZB untermauert mit der neuen Analyse nun aber frühere Schätzungen zum Erfolg der Politik. Beim BIP setzt sie den Effekt sogar am oberen Ende der Bandbreite früherer Schätzungen an, bei der Inflation dagegen am unteren Ende. QE habe dabei etwa im Boomjahr 2017 den Löwenanteil des positiven BIP-Beitrags getragen. Aber auch der Negativzins habe rund 20 % dazu beigetragen. Eine detaillierte Aufschlüsselung auf die einzelnen Maßnahmen ist ebenfalls heftig umstritten.