EZB-Protokoll schürt Erwartung einer Lockerung

Diskussion über "vorbeugendes" Handeln

EZB-Protokoll schürt Erwartung einer Lockerung

ms Frankfurt – Das gestern veröffentlichte Protokoll der Januar-Sitzung des EZB-Rats hat Erwartungen einer erneuten geldpolitischen Lockerung der Europäischen Zentralbank (EZB) bei der Sitzung am 10. März gefestigt. Peter Vanden Houte, Volkswirt der ING Bank, fasste die Position der Euro-Hüter so zusammen: “Wir werden etwas tun, wir wissen aber noch nicht was.” Auch andere Beobachter fühlten sich in ihrer Einschätzung bestätigt, dass die EZB nachlegt.EZB-Präsident Mario Draghi hatte nach der Sitzung Mitte Januar unerwartet deutlich eine weitere Lockerung bereits im März in Aussicht gestellt. Der EZB-Rat hatte erst Anfang Dezember seine Geldpolitik gelockert. Draghi hatte auf gestiegene Risiken für das Wachstum und die Inflation hingewiesen. Seitdem rätseln Beobachter, wie aggressiv die EZB im März zur Tat schreiten könnte.Das Protokoll bestätigte nun im Wesentlichen die bekannte Einschätzung: Demnach haben sich aus Sicht der Euro-Hüter die Risiken für die Wirtschaft in Euroland etwa durch die Schwäche in den Schwellenländern erhöht, und der niedrige Ölpreis dämpft die ohnehin nahe null liegende Inflation. Die EZB strebt auf mittlere Sicht knapp unter 2 % an.EZB-Chefvolkswirt Peter Praet warnte, dass die Risiken, die der EZB-Rat bereits im September und Dezember 2015 festgestellt habe, “jetzt möglicherweise zum Tragen kommen”. Im Rat nehmen zudem offenkundig die Sorgen wegen möglicher Zweitrundeneffekte der niedrigen Inflation zu, etwa auf die Löhne. Vor dem Hintergrund treibt die Notenbanker auch der neuerliche Rückgang langfristiger Inflationserwartungen, speziell an den Märkten, um.Nicht zuletzt deshalb gab es im Januar auch eine Diskussion darüber, ob der EZB-Rat “vorbeugend” handeln sollte anstatt abzuwarten. Gegner eines solchen Vorgehens lehnten es dagegen ab, einen “explizit risikobezogenen geldpolitischen Ansatz zu verfolgen, der hauptsächlich vom Sicherheitsdenken geleitet sei”. Letztlich einigten sich die Notenbanker, den Kurs der Geldpolitik im März “zu überprüfen und möglicherweise zu überdenken”. Dann legen die EZB-Volkswirte neue Projektionen für Wachstum und Inflation vor. Überschießen des PreiszielsÄußerst bemerkenswert ist, dass es auch eine Diskussion darüber gab, ob angesichts der seit Februar 2013 unterhalb des 2 %-Ziels liegenden Inflation “für die Zukunft eine begrenzte Zeit der Überschreitung in Betracht zu ziehen” sei. Das könne die “Symmetrie des EZB-Ziels” betonen. Das erinnert stark an die Idee der Preisniveausteuerung, bei der ein Unterschreiten des Ziels später aufgeholt werden muss. Draghi hatte solche Assoziationen auch schon geweckt. EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio hatte dagegen im Interview der Börsen-Zeitung gesagt, das sei “keine Überlegung für uns” (vgl. BZ vom 31.12.2015).Über konkrete Maßnahmen diskutierte der EZB-Rat im Januar nicht – so wie es Draghi auch gesagt hatte. Beobachter spekulieren auf eine neuerliche Absenkung des Einlagenzinses von – 0,3 % und auf eine erneute Ausweitung des Anleihekaufprogramms (Quantitative Easing, QE).