EZB-Rat hält QE für alternativlos

Erstes Sitzungsprotokoll belegt Sorge über negative Marktreaktion - Differenzen im Führungsgremium

EZB-Rat hält QE für alternativlos

Der EZB-Rat beginnt im März mit dem breit angelegten Kauf von Staatsanleihen – dem Quantitative Easing (QE). Wie es zu der Entscheidung kam, belegt nun das erste Protokoll einer Zinssitzung.ms Frankfurt – Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) vom 22. Januar für ein breit angelegtes Anleihekaufprogramm, inklusive des Erwerbs von Staatstiteln, war nach Auffassung der großen Mehrheit des EZB-Rats alternativlos – schon allein, um negative Reaktionen der Märkte zu verhindern. Der Kauf von staatlichen Schuldtiteln wiederum wurde dabei mehrheitlich als einzige wahre Option angesehen, weil nur dieser Markt über die ausreichende Größe verfüge. Das sind zwei zentrale Botschaften des Protokolls der Januar-Sitzung, das die EZB gestern veröffentlichte. Zäsur für die NotenbankEs ist das erste Mal, dass der EZB-Rat ein solches Protokoll veröffentlicht und solche tiefen Einblicke gewährt (siehe nebenstehenden Text). Der Zufall wollte es, dass es nun die Premiere ausgerechnet von jener Sitzung gibt, bei der die EZB den historischen Beschluss gefasst hat, im Zuge einer Politik der quantitativen Lockerung (Quantitative Easing, QE) in großem Stil Staatsanleihen zu kaufen – eine Zäsur. Ab März und bis mindestens September 2016 will die EZB Wertpapiere – vor allem Staatspapiere – im Umfang von monatlich 60 Mrd. Euro kaufen.Bundesbankpräsident Jens Weidmann hatte bereits im Dezember kritisiert, dass sich die EZB nicht zum “Sklaven der Märkte” machen dürfe, indem sie erst Erwartungen weckt und dann meint, diese in jedem Fall erfüllen zu müssen. Indirekt übte Weidmann damit auch Kritik an EZB-Präsident Mario Draghi und dessen Kommunikationsstrategie. Vor allem Draghi hatte QE-Erwartungen geschürt. Der EZB-Präsident hatte so bewusst Druck aufbauen wollen.Die Mehrheit im EZB-Rat, das war bereits nach der Sitzung kommuniziert worden, sah ein solches QE-Programm als notwendig an, um zu verhindern, dass sich die aktuell sogar unter null gefallene Inflation auf zu niedrigem Niveau verfestigt. Die EZB strebt mittelfristig eine Inflationsrate von knapp 2 % an. Vor allem die deutschen Notenbanker im EZB-Rat, Bundesbankpräsident Jens Weidmann und Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger, lehnten QE ab, aber auch andere Währungshüter waren skeptisch.Das Protokoll stellt nun die konträren Positionen noch einmal gegenüber. Die QE-Befürworter befürchteten zwar keine Deflation, also eine gefährliche Abwärtsspirale aus Preisen und Löhnen, die eine Wirtschaft lähmen kann. Sie waren aber vor allem besorgt, dass die Inflationserwartungen ins Rutschen geraten und es zu Zweitrundeneffekten kommen könnte. Deswegen wollten sie die Gefahr einer solchen Abwärtsspirale bereits im Keim ersticken. Sie befürchteten zudem, dass die Effekte, zu denen die QE-Erwartung bereits im Vorfeld geführt hatte – sinkende Renditen, Euro-Abwertung – ins Gegenteil verkehrt würden, wenn der EZB-Rat nicht liefern würde.Die Gegner hingegen argumentierten, wie auch zuvor und im Nachgang des Treffens, dass die Minus-Inflation vor allem auf den drastischen Verfall der Ölpreise seit Mitte 2014 zurückgehe, die Gefahr von Zweitrundeneffekten begrenzt sei und nicht unbedingt akuter Handlungsbedarf bestehe – zumal einige geldpolitische Lockerungsmaßnahmen aus dem Jahr 2014 noch gar nicht in der Wirtschaft angekommen seien.EZB-Chefvolkswirt Peter Praet, der stets bei der Zinssitzung eine Handlungsempfehlung gibt, sagte, es gebe zwei Optionen: direkt zu handeln oder erst einmal noch abzuwarten. Allerdings machte er klar, dass er für sofortiges Handeln sei. Dem schloss sich letztlich eine “breite Mehrheit” an. Mit dem monatlichen Volumen von 60 Mrd. Euro ging die Mehrheit noch über die 50 Mrd. Euro hinaus, die Praet vorgeschlagen hatte. Praet hatte zudem ausgeführt, dass es möglich sei, nur Papiere mit allerhöchster Bonität oder solche mit Investment Grade, also bis “BBB-“, zu kaufen. Für diese Variante entschied sich der Rat dann. Als Kompromiss wurde vereinbart, die Teilung möglicher Verluste unter den Euro-Notenbanken auf 20 % der Käufe zu begrenzen.Als Alternative zum Staatsanleihekauf wurde laut Protokoll von den Gegnern auch zur Diskussion gestellt, die laufenden Kaufprogramme von Covered Bonds und Kreditverbriefungen (ABS) erst einmal um Unternehmensanleihen auszuweiten. Die überwiegende Auffassung war letztlich, dass dieser Markt nicht groß genug sei, um die gewünschte geldpolitische Lockerung zu erzielen. Zugleich wurde die Aufnahme solcher Papiere in der Zukunft aber explizit nicht ausgeschlossen.