Diskussion über EZB-Kurs

EZB-Ratsmitglied mahnt zur Vorsicht bei Bilanzabbau

Neben der Debatte über den weiteren Zinskurs der EZB richtet sich der Fokus immer stärker auch auf die EZB-Bilanz. Die „Falken“ drängen auf ein schnelleres Abbautempo. EZB-Ratsmitglied Pablo Hernández de Cos hat da große Vorbehalte.

EZB-Ratsmitglied mahnt zur Vorsicht bei Bilanzabbau

EZB-Ratsmitglied mahnt
zur Vorsicht bei Bilanzabbau

Hernández de Cos: PEPP wichtige Verteidigungslinie – Leitzinsen im Fokus

ms/ths Madrid
Interview Seite 7

EZB-Ratsmitglied Pablo Hernández de Cos mahnt zur Vorsicht beim Abbau der aufgeblähten EZB-Bilanz und hält auch wenig von der Diskussion über eine Anhebung des Mindestreservesatzes, um die Überschussliquidität zu senken. „Ich finde, wir sollten sehr vorsichtig sein“, sagt der spanische Zentralbankchef im Interview der Börsen-Zeitung zu Forderungen, den Bilanzabbau zu beschleunigen. Eine klare Absage erteilt er vor allem auch Ideen für einen aktiven Verkauf von Anleihen. Mit Blick auf die EZB-Leitzinsen argumentiert Hernández de Cos, dass es richtig sei zu erwarten, dass bei rückläufiger Inflation die derzeit restriktiven Zinsen gesenkt werden.

Neben der Debatte über den weiteren Zinskurs der Europäischen Zentralbank (EZB) richtet sich der Fokus immer stärker auch auf die EZB-Bilanz, die durch die Anleihekäufe der Krisenjahre sehr viel größer ist als früher. Vor allem Hardliner („Falken“) im EZB Rat dringen auf ein schnelleres Abbautempo. Sie liebäugeln vor allem damit, die Reinvestitionen im Zuge des Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP nicht erst Ende 2024 zurückzufahren. Bei den Leitzinsen nehmen derweil Marktspekulationen auf Zinssenkungen zu.

Hernández de Cos verweist auf bereits große Fortschritte beim Abbau der Bilanz. Die Geschwindigkeit sei „im Vergleich zu anderen Zentralbanken außergewöhnlich“. Zuletzt ist die Bilanzsumme von knapp 9 Bill. Euro auf rund 7 Bill. Euro gesunken. Nicht nur, aber vor allem auch bei PEPP sei Vorsicht angebracht. Die PEPP-Reinvestitionen seien auch "die erste Verteidigungslinie, wenn es Probleme bei der Übertragung der Geldpolitik gibt". Anleihen aktiv zu verkaufen, statt nur Reinvestitionen zu stoppen, hält er für keine Option. „Das ist nichts, was wir derzeit in Betracht ziehen oder in Zukunft in Betracht ziehen werden.“

Der Zentralbanker hat zudem große Vorbehalte gegen eine Erhöhung der Mindestreserve, die Banken bei der EZB für Einlagen halten müssen. Derzeit liegt der Satz bei 1% und einige Notenbanker sympathisieren mit einer Anhebung. „Jede mögliche weitere Entscheidung muss immer geldpolitisch begründet und verhältnismäßig sein. Mir scheint in diesem Sinne ein weiteres Vorgehen an dieser Front nicht naheliegend“, sagt er.

"Wir haben jetzt sehr schnell eine Menge getan, um die Zinssätze zu erhöhen, und wir sind zuversichtlich, dass wir mit den bisher unternommenen Schritten mittelfristig unser Ziel erreichen werden", sagt Hernández de Cos. Er bezeichnet es als zu früh, über Zinssenkungen zu sprechen, sagt aber zugleich: "Wenn die Inflation zurückgeht, ist es realistisch zu erwarten, dass die Leitzinsen wieder auf ein neutrales Niveau gesenkt werden."

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