EZB-KURS IM FOKUS

EZB schiebt Zinswende in weite Ferne

Keine Anhebung vor 2019 denkbar - Streit über Enddatum für Käufe - Draghi betont Flexibilität bei QE

EZB schiebt Zinswende in weite Ferne

Die EZB hat in einer der wichtigsten Sitzungen seit langem ihre Geldpolitik für 2018 festgezurrt: Die Anleihekäufe gehen weiter, Zinserhöhungen sind kein Thema. Aber nicht alle stimmen zu.ms Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Absicht untermauert, Leitzinserhöhungen im Euroraum erst weit nach dem Ende der Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE) in Betracht zu ziehen. Zusammen mit der gestrigen Entscheidung, die QE-Käufe über Ende 2017 hinaus bis September 2018 zu verlängern, und der Aussage, dass die Käufe auch dann nicht plötzlich enden sollen, sind Zinserhöhungen frühestens im Laufe des Jahres 2019 denkbar. Der EZB-Rat hat gestern sogar explizit eine abermalige Verlängerung von QE über September 2018 hinaus nicht ausgeschlossen – was mögliche Zinsschritte weiter in die Ferne rücken würde.Im Kampf gegen die Mini-Inflation hat die EZB nicht nur zu beispiellosen Wertpapierkäufen gegriffen, sondern auch ihre Leitzinsen auf Rekordtiefs gesenkt und den Einlagensatz sogar unter 0 % gedrückt (vgl. Grafik). Die Kritik an dieser Politik wird aber vor allem in Deutschland immer lauter. Banken sorgen sich etwa um ihre Profitabilität, weil sie den negativen Einlagenzins kaum an Kunden weitergeben können.Die EZB hat jetzt aber noch einmal klargemacht, dass sie an der festgelegten Reihenfolge (“Sequencing”) – erst Ende der QE-Nettokäufe, dann Zinserhöhungen – nicht rütteln will. Draghi wich aber allen Fragen aus, was genau gemeint sei mit der Formulierung, dass die Leitzinsen “weit über den Zeithorizont” der QE-Nettokäufe hinaus nicht angetastet werden sollen.Noch einmal optimistischer als zuvor äußerte sich Draghi zur Wirtschaftslage und auch zum Inflationsausblick. Zugleich mahnte er aber zur Vorsicht. Der inländische Preisdruck sei weiter gedämpft. Vor allem seien der wirtschaftliche Ausblick und der Inflationspfad in Richtung des EZB-Ziels von unter, aber nahe 2 % weiter abhängig von der EZB-Politik. Es sei nach wie vor “ein umfangreicher geldpolitischer Impuls” nötig.Vor dem Hintergrund beschloss der EZB-Rat, seine Anleihekäufe über Ende 2017 um neun Monate hinaus zu verlängern, sie aber ab Januar 2018 von aktuell 60 Mrd. Euro pro Monat auf 30 Mrd. Euro zu halbieren. Draghi betonte die “Wichtigkeit” der Entscheidung zu QE. Zugleich machte er aber klar, dass es sich dabei um eine Neujustierung der Politik handle. Es gehe nicht um ein “Tapering”, also einen klaren Plan zum Herunterfahren der Käufe auf null. Auf Nachfrage betonte er, dass es auch bei dem jetzigen Niveau von 30 Mrd. Euro kein abruptes Ende geben solle, also ein Ende von einem Monat auf den anderen. Das hieße, dass es zumindest über September 2018 hinaus ein langsames Auslaufen der Käufe geben würde.Draghi betonte zudem, dass das Programm weiter ein offenes Ende habe. Tatsächlich ist es zwar bis September 2018 angesetzt. Zugleich aber hat der EZB-Rat betont, dass es auch darüber hinausgehen könne, falls das nötig sei, damit sich die Inflation nachhaltig in Richtung 2 % bewegt. Zugleich hielt der Rat an seinem Versprechen fest, die Käufe in Umfang oder Dauer auszuweiten, falls sich der Inflationsausblick unerwartet verschlechtern sollte. Beides sehen die Hardliner im EZB-Rat wie Bundesbankpräsident Jens Weidmann kritisch – weswegen sie den Entscheid gestern auch ablehnten.Entschieden widersprach Draghi Einschätzungen, dass die EZB gar nicht mehr groß mehr QE betreiben könne, weil sie zunehmend an selbst gesetzte Grenzen stoße – wie insbesondere die 33 %-Kaufobergrenze je Anleihe und Emittent. Solche Spekulationen habe es in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Die EZB habe aber stets bewiesen, dass QE genug Flexibilität biete, um zu reagieren, falls nötig. Die Grenzen, vor allem die 33 %-Schwelle, will der EZB-Rat aktuell aber nicht antasten.