EZB schnürt neues Hilfspaket - EU-Staaten legen Haushaltsstreit bei
ms/kjo Frankfurt – Europas Währungshüter und die Spitzen der EU-Staaten haben getrennt voneinander Hilfen von historischer Tragweite auf den Weg gebracht. Die Europäische Zentralbank (EZB) schnürte ein Bündel an geldpolitischen Maßnahmen, in dessen Mittelpunkt eine Ausweitung des Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP um 500 Mrd. Euro steht. Zudem besserte sie bestehende Geldspritzen für die Banken (TLTROs) nach und beschloss zusätzliche Liquiditätshilfen. Am Abend verkündete ein Sprecher von EU-Verhandlungsführer Charles Michel, dass sich die Staats- und Regierungschefs im Streit über den künftigen EU-Haushalt und den Wiederaufbaufonds geeinigt haben. Ungarn und Polen hatten wochenlang blockiert.EZB-Chefin Christine Lagarde verwies nach der virtuellen Sitzung des EZB-Rats darauf, dass die Pandemie kurzfristig größeren Schaden anrichte als erwartet. “Die Unsicherheit bleibt hoch”, sagte sie. Zudem sei die Inflation “sehr niedrig”. Auch drang sie leidenschaftlich auf einen Kompromiss im Haushaltsstreit, der Stunden später Realität wurde.Der EZB-Rat hatte bereits bei der Zinssitzung Ende Oktober eine weitere Lockerung der ohnehin beispiellos expansiven Geldpolitik avisiert und seitdem seine Handlungsbereitschaft immer wieder untermauert. Weltweit reagieren Zentralbanken auf die sich verschärfende Pandemie. Nächste Woche dürfte auch die US-Notenbank Fed erneut lockern. Zugleich nehmen teilweise Sorgen wegen der Folgen der ultralockeren Geldpolitik etwa für die Finanzstabilität zu.Neben der Aufstockung des “Pandemic Emergency Purchase Programme” (PEPP) auf 1,85 Bill. Euro beschloss der EZB-Rat, die Käufe bis mindestens März 2022 fortzusetzen. Bislang war Mitte 2021 vorgesehen. Lagarde sagte, es gehe vor allem darum, günstige Finanzierungsbedingungen zu erhalten. Die zusätzlichen 500 Mrd. Euro bei PEPP müssten aber nicht vollständig ausgeschöpft werden, wenn es mit weniger gehe. Allerdings sei im Notfall auch eine weitere Aufstockung denkbar, so Lagarde. Viele Marktteilnehmer erwarten, dass die EZB bald noch mehr tun muss.An Europas Börsen fielen in Reaktion auf die EZB-Beschlüsse die Kurse. Der Dax, der zunächst auf 13 370 Punkte gestiegen war, gab bis auf 13 213 Zähler nach und beendete den Handel mit einem Minus von 0,3 % bei 13 296 Punkten. Die Reaktion wurde mit Gewinnmitnahmen begründet. Manche Marktteilnehmer hatten auf noch mehr oder entsprechende Andeutungen Lagardes gehofft. Die Enttäuschung spiegelte sich auch am Staatsanleihenmarkt. Die Renditen der Bonds aus südeuropäischen Staaten wie Italien, Spanien, Griechenland und Portugal konnten ihre Rekordtiefs nicht halten und stiegen wieder an. Der Euro legte bis auf das Tageshoch von 1,2158 Dollar zu und war am Abend bei 1,2122 Dollar 0,3 % im Plus. – Nebenstehender Kommentar Bericht Seite 6 Schwerpunkt Seite 7