EZB setzt auf Rückgang der Target-Salden

Forschungspapier: Mit der Normalisierung der Geldpolitik sollten Salden sinken - Kritiker warnen vor Risiken

EZB setzt auf Rückgang der Target-Salden

ms Frankfurt – Die zuletzt wieder rasant gestiegenen Target-Salden zwischen den Euro-Notenbanken werden nach Auffassung von EZB-Experten ganz automatisch auch wieder sinken, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) ihre ultralockere Geldpolitik und speziell die breiten Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE) beendet. Der Anstieg erkläre sich vor allem mit den Käufen und dem daraus resultierenden starken Anstieg der Überschussliquidität im Euroraum, so das Ergebnis eines am Freitag veröffentlichten Forschungspapiers von fünf EZB-Experten.Bei einer Änderung der Politik werde sich das letztlich auch wieder umkehren, so das Papier. “Eine Normalisierung der Zentralbankbilanzen und der anschließenden Reduzierung des Niveaus der Überschussliquidität sollte natürlicherweise eine erhebliche Reduzierung der Target-Salden mit sich bringen”, so die EZB-Experten um Jens Eisenschmidt und Danielle Kedan.Mit dem neuen Papier versucht die EZB einen weiteren Beitrag zu leisten, um nicht zuletzt deutsche Ängste wegen der gestiegenen Target-Salden zu dämpfen. Bereits in den vergangenen Monaten hatten die EZB und auch Notenbankchef Mario Draghi mehrfach argumentiert, dass der neuerliche Anstieg der Target-Salden seit 2015 anders als 2011 und 2012 kein Symptom für neuen Stress an den Finanzmärkten sei, sondern primär Folge von QE. Das untermauert das Papier nun.Kritiker zweifeln das indes an. Sie beharren darauf, dass der Anstieg Folge einer Kapitalflucht sei oder aber zumindest Ausdruck dafür, dass Investoren ihr Geld lieber an einem sicheren Standort wie Deutschland anstatt in Italien, Spanien oder Griechenland hielten – die These des sogenannten “stay in safety”. Die Target-Salden spiegelten insofern weiter eine Krise im Euroraum, genauer eine Zahlungsbilanzkrise, wider.Zugleich zielt das jetzt veröffentlichte EZB-Papier auch auf eine zweite Sorge, die unabhängig von der Ursache des Anstiegs existiert – dass nämlich etwa die Bundesbank ihre Forderungen an andere Notenbanken im Falle eines Zusammenbruchs des Eurosystems oder des Austritts eines oder mehrerer Länder nicht beglichen bekäme. Die Target-Forderungen der Bundesbank beliefen sich Ende August auf rund 852,5 Mrd. Euro (siehe Grafik). So die Forderungen künftig tatsächlich wieder sinken, würde das Risiko geringer.Die EZB verteidigt die Saldenmechanik immer als eher stabilisierendes Element und argumentiert, angesichts der Irreversibilität des Euro stellten die Salden kein Risiko dar. Kritiker dagegen verweisen nicht zuletzt auf den Fall Griechenland, in dem selbst führende Euro-Politiker öffentlich mit einem Euro-Ausscheiden Athens geliebäugelt hatten. Anfang des Jahres hatte auch EZB-Präsident Mario Draghi aufhorchen lassen, als er in einem Brief an EU-Abgeordnete klar gemacht hatte, dass Länder, die die Eurozone verlassen wollen, vorher ihre Verbindlichkeiten bezahlen müssten – wie eben jene im Zuge des Target2-Zahlungssystems (vgl. BZ vom 24. Januar).