EZB sieht in Kreditvergabe der Euro-Banken ein Konjunkturrisiko

Chefvolkswirt Praet warnt vor prozyklischem Verhalten der Finanzinstitute - Euro-Hüter bereit zu reagieren

EZB sieht in Kreditvergabe der Euro-Banken ein Konjunkturrisiko

ms Frankfurt – EZB-Chefvolkswirt Peter Praet macht sich Sorgen um die Banken im Euroraum und warnt vor der Gefahr, dass die Finanzinstitute mit einer zögerlichen Kreditvergabe die aktuelle Abschwächung der Euro-Wirtschaft noch erheblich verstärken könnten. Das prozyklische Verhalten der Banken sei ein wichtiger Grund, “warum Konjunkturzyklen manchmal böse enden”, sagt Praet im Interview der Börsen-Zeitung. Derzeit bestehe “das Risiko, dass die Banken sogar noch prozyklischer handeln, als sie das normalerweise schon tun”. In dem Kontext signalisiert er, dass auch die EZB gefordert sein könnte.Praet betont zwar, dass die Banken heute viel besser mit Eigenkapital ausgestattet seien und über höhere Liquiditätspuffer verfügten als früher. Zugleich seien die Aktienkurse der Banken aber stark gesunken, und die Profitabilität sei vielfach sehr gering. Deshalb bestehe das Risiko, dass die Banken jetzt noch weniger Kredite vergäben als sonst schon in einer schlechteren wirtschaftlichen Lage. Die EZB müsse deshalb “die Wirkungskette der Geldpolitik über das Bankensystem sorgfältig beobachten”, so Praet: “Im März werden wir den gegenwärtigen und den zu erwartenden Zustand der geldpolitischen Transmission über die Banken einschätzen.”Mit seinen Aussagen dürfte Praet Erwartungen anheizen, dass der EZB-Rat neue Langfristkredite für Geschäftsbanken auflegt, sogenannte TLTROs (Targeted Longer-Term Refinancing Operations) – und das womöglich schon bei seiner geldpolitischen Sitzung am 7. März beschließt. Im Zuge einer zweiten Runde solcher Geschäfte hatte die EZB ab Mitte 2016 rund 700 Mrd. Euro an die Euro-Banken verliehen, um so die Kreditvergabe anzukurbeln.Die EZB wandelt damit auf dem Pfad der US-Notenbank Fed und anderer Notenbanken weltweit, die sich zuletzt skeptischer zu den Wachstumsaussichten und vorsichtiger zur künftigen Geldpolitik geäußert haben. Der EZB-Rat hatte Ende 2018 sein Anleihekaufprogramm Quantitative Easing (QE) auslaufen lassen. Anfang 2019 sollte eigentlich verstärkt über den Termin einer ersten Zinserhöhung seit 2011 diskutiert werden. Die Euro-Wirtschaft hat sich aber zuletzt stärker abgeschwächt als erwartet.Laut Praet ist die Konjunkturabkühlung im Euroraum “breiter und hartnäckiger als gedacht” und die Risiken haben “zuletzt deutlich zugenommen”. Bislang habe der EZB-Rat aber an seinem Basisszenario festgehalten, dass die Euro-Wirtschaft weiter wachse und sich die Inflation mittelfristig dem Zielwert von knapp 2 % nähere. Anfang März werde der Rat diese Einschätzung “erneut auf den Prüfstand” stellen. Dass die Euro-Wirtschaft nun absehbar schon drei Quartale unter ihrem Wachstumspotenzial expandiere, sei aber “sicher keine gute Nachricht”. “Abwärtsrisiken für das Wachstum könnten auf mittlere Sicht zu Abwärtsrisiken für die Inflation führen”, sagt Praet. Im Notfall müsse die EZB handeln.Dass der Handlungsspielraum der EZB im Fall der Fälle nahezu begrenzt sei, will Praet nicht gelten lassen: “Der EZB-Rat wird wenn nötig immer Wege und Mittel finden zu handeln.” Wenn sich die Euro-Wirtschaft stärker abschwächen sollte, könne die EZB etwa ihren Zinsausblick (Forward Guidance) anpassen.—– Interview Seite 5