EZB sieht Trump auf dem Holzweg

Notenbank: Abbau von Handelsschranken und Einbindung in globale Wertschöpfung reduziert Defizite

EZB sieht Trump auf dem Holzweg

US-Präsident Donald Trump attackiert die Handelspartner seines Landes und will mittels Protektionismus das enorme US-Leistungsbilanzdefizit eindämmen. Die EZB hält dagegen und warnt die USA vor den falschen Rezepten.ms Frankfurt – US-Präsident Donald Trump will das enorme Leistungsbilanzdefizit der USA mittels einer protektionistischen Handelspolitik reduzieren – schlägt damit aber nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) den völlig falschen Kurs ein. Nötig sei de facto genau das Gegenteil, argumentieren die EZB-Experten in einem gestern veröffentlichten Aufsatz aus dem neuen Wirtschaftsbericht: Länder, die ihre Defizite abbauen wollten, müssten Handelsbarrieren abbauen und stärker an den globalen Wertschöpfungsketten teilnehmen. Multilaterale Deals helfenExplizit schreiben die EZB-Experten zudem, dass “multilaterale Initiativen” für mehr Handel und zur Liberalisierung der Finanzmärkte dazu beitragen könnten, außenwirtschaftliche Ungleichgewichte einer Volkswirtschaft abzubauen. Diese Analyse aber läuft ebenfalls explizit Trumps aktuellem Kurs zuwider, der sein Heil weniger in multilateralen, sondern in bilateralen Handelsvereinbarungen suchen will, wobei US-Interessen im Vordergrund stehen sollen (“Amerika zuerst!”).Die neue US-Administration unter Trump schlägt in Handelsfragen einen völlig neuen Kurs ein: Sie erwägt Maßnahmen wie neue Importzölle und betrachtet internationale, multilaterale Handelsvereinbarungen sehr kritisch bis ablehnend. Zudem hat sie wichtige Handelspartner wie Deutschland, China und Japan öffentlich attackiert, weil diese sich zu Lasten der USA Handelsvorteile verschafft hätten. Das hat Sorgen vor einem weltweiten Handelskrieg geschürt – erst recht, nachdem sich die G 20-Staaten am Wochenende wegen des US-Widerstands nicht darauf einigen konnten, frühere Bekenntnisse gegen jegliche Art von Protektionismus zu erneuern.Dass nun ausgerechnet die EZB, wenn auch indirekt, mit Trumps Kurs abrechnet, enthält eine besondere Note: Trump hatte Deutschland vorgeworfen, mittels eines unterbewerteten Euro die USA de facto “auszubeuten”. Der Euro-Wechselkurs wird aber nicht zuletzt durch die Geldpolitik der EZB bestimmt. EZB-Präsident Mario Draghi hatte bereits vor einigen Wochen Trumps Kritik entschieden zurückgewiesen und betont, dass der Wechselkurs kein Ziel der Euro-Hüter sei.In ihrer gestern veröffentlichten Analyse kommen die EZB-Experten nun im Kern zu dem Schluss, dass diejenigen Länder, die relativ zu ihren Handelspartnern mehr in den globalen Wertschöpfungsketten eingebunden seien, höhere Leistungsbilanzüberschüsse beziehungsweise geringere Leistungsbilanzdefizite aufwiesen. Diese Teilnahme könne die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft verbessern, wenn etwa inländisch produzierte Zwischengüter durch billigere importierte Güter ersetzt würden. Die höhere Wettbewerbsfähigkeit kurble die Exporte und das Wachstum an und erhöhe die Einkommen, so die EZB.Laut EZB ergeben sich aus dieser Erkenntnis wichtige politische Implikationen. Ziel müsse es sein, die Teilnahme an den globalen Wertschöpfungsketten zu erhöhen. Nötig seien dafür etwa politische Maßnahmen, die Innovationen unterstützen, und der Abbau protektionistischer Barrieren. Zudem könne eben über multilaterale Vereinbarungen die Einbindung in die weltweite Wertschöpfung verbessert werden. USA zu wenig eingebundenMit Blick auf die USA kommen die EZB-Experten gar explizit zu dem Schluss, dass bei dem großen US-Defizit im Vorlauf der Weltfinanzkrise rund ein Viertel von dem, was nicht durch andere Fundamentalfaktoren erklärt werden könne, auf die relativ geringe Teilnahme der USA an der globalen Wertschöpfung zurückzuführen sei.Auf Basis ihrer Analyse argumentiert die EZB zudem, dass anhaltende Abweichungen von einer ausgeglichenen Leistungsbilanz nicht inländische Verzerrungen widerspiegelten, wie es oft behauptet werde. Vielmehr seien sie “wohlfahrtsmaximierende Ergebnisse” vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften. Das widerspricht auch der US-Kritik, die Handelspartner wie Deutschland verschafften sich mit unfairen Praktiken Vorteile.