EZB tadelt Euro-Länder wegen Haushaltspolitik

Budgets seit 2003 immer weniger wachstumsfördernd - Kurswechsel nötig - Höhere Steuern auf Eigentum

EZB tadelt Euro-Länder wegen Haushaltspolitik

ms Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) übt harte Kritik an der Haushaltspolitik der Euro-Länder in den vergangenen Jahren – und fordert einen raschen Kurswechsel hin zu einer wachstumsfreundlicheren Einnahmen- und Ausgabenpolitik. Die Struktur der öffentlichen Finanzen sei in den Jahren 2003 bis 2015 zunehmend nachteiliger für das Wachstum geworden, bemängelt die EZB in einem gestern vorab veröffentlichten Aufsatz aus ihrem neuen Wirtschaftsbericht, der morgen publiziert wird. Jetzt sei es nötig, die Ausgestaltung der Budgets zu verbessern und am langfristigen Wachstumsziel zu orientieren.Insbesondere in der Zeit der Konsolidierung nach der Euro-Schuldenkrise, in den Jahren 2011 bis 2013, haben die Länder laut EZB-Analyse Fehler gemacht: Auf der Ausgabenseite, so der Bericht, sei vor allem in den Bereichen Bildung und Infrastrukturinvestitionen gekürzt worden – die aber als besonders wachstumsfördernd gelten. Auf der Einnahmenseite habe es dagegen einen Fokus auf die Besteuerung von Arbeit gegeben – obwohl dies als recht schädlich für die wirtschaftliche Entwicklung angesehen werde. Debatte über ExitMit ihrer Analyse unterfüttert und verstärkt die EZB ihre Forderung nach einer wachstumsfreundlichen Ausgestaltung der Fiskalpolitik in Euroland. Besondere Bedeutung kommt der Forderung aktuell zu, weil die Euro-Hüter zunehmend zumindest eine allmähliche Rückführung ihrer ultralockeren Geldpolitik ins Visier nehmen – womit anderen Politikbereichen eine größere Verantwortung für den Aufschwung im Euroraum zukäme.Konkret nimmt die EZB nun auf der Einnahmenseite den deutlich gestiegenen Anteil in den Blick, den Steuern auf Arbeit leisten. Diesen wieder zu reduzieren würde das Wachstum stärken. Die wachstumsfreundlichsten Reformen der Lohn- und Einkommensteuer seien jene, die die Belastungen der Geringverdiener und Zweitverdiener verringerten. Im Gegenzug sollte der Fokus mehr auf Verbrauchsteuern und auf die Besteuerung von Eigentum gelegt werden, so die EZB. Auf der Ausgabenseite fordert die Notenbank, wieder mehr Mittel in jene Bereiche umzuleiten, die das Wachstum langfristig positiv beeinflussen – wie Gesundheit, Bildung und Infrastruktur.Seit 2013 gibt es laut EZB zwar einige Anzeichen, dass die Haushaltspolitik wieder wachstumsfreundlicher wird. Aus ihrer Sicht geht der Trend aber noch nicht ausreichend in diese Richtung.In ihrem Aufsatz beschreibt die EZB die Entwicklung in den Jahren 2003 bis 2015, aufgeteilt in verschiedene Phasen. Auf die Ursachen für die jeweiligen Entwicklungen geht sie aber nicht im Detail ein. Dennoch könnte die Analyse auch die Debatte befeuern, ob in den Jahren der Spar- oder Austeritätspolitik nach der Krise in Euroland falsche Prioritäten gesetzt worden sind. Viele Kritiker der Austeritätspolitik argumentieren so.Die EZB betont in ihrer Analyse, dass es für jedes Land einen eigenen Weg zu einer Rückkehr zu einer wachstumsfreundlicheren Haushaltspolitik gebe. Die Heterogenität etwa bei der Größe des öffentlichen Sektors, bei der Steuerverwaltung und der Effizienz staatlicher Ausgaben sei groß und zu berücksichtigen.