EZB trommelt für Corona-Bonds

Notenbanker werben für gemeinsame Euro-Anleihe - Wirtschaftsweiser Feld: Das wäre ein Desaster

EZB trommelt für Corona-Bonds

Von Mark Schrörs, FrankfurtDie Europäische Zentralbank (EZB) macht sich für sogenannte Corona-Bonds stark – also gemeinschaftliche Anleihen der Euro-Staaten im Kampf gegen die wirtschaftlichen Schäden durch das Coronavirus. Sowohl das deutsche EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel als auch Vizepräsident Luis de Guindos stellten sich nun öffentlich hinter diese Idee. Zugleich wirbt die Notenbank auch hinter den Kulissen bei europäischen Corona-Beratungen für die Ausgabe solcher Anleihen, wie aus Notenbankkreisen verlautet.Mit Blick auf die Ausgabe einmaliger Corona-Anleihen sagte Schnabel der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”: “Das könnte helfen.” Bei der aktuellen Krise handele es sich um ein europäisches Problem. “Es kann einem Land nicht egal sein, was in einem anderen europäischen Land passiert – nicht nur aus Solidarität, sondern auch aus ökonomischen Gründen”, so Schnabel. De Guindos forderte in einem Interview mit dem spanischen TV-Sender “El Objetivo” eine gemeinsame fiskalische Antwort der Eurozone in der Krise und nannte “beispielsweise die Möglichkeit, einen ,Euro-Bonds` einzuführen”.EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte sich am Freitag offen für Corona-Bonds gezeigt. Die Behörde schaue sich alle Instrumente an, und es werde eingesetzt, was helfe. Nicht zuletzt aus Deutschland, aber auch aus anderen nordeuropäischen Euro-Ländern hatte es in der Vergangenheit stets großen Widerstand gegen gemeinsame Euro-Anleihen gegeben. Der CDU-Wirtschaftsrat sprach sich am Wochenende gegen Corona-Bonds aus und warnte vor enormen Schäden auf mittlere und lange Sicht.In der Diskussion sind derzeit verschiedene Modelle. Ein viel diskutierter Ansatz ist offenbar ein bei der EU-Kommission angesiedelter Fonds, der sich über Anleihen Geld beschaffen und das dann an vom Coronavirus besonders betroffene Länder – oder auch Sektoren – weiterreichen kann. Anders als bei ESM-Krediten würden diese Gelder den Schuldenstand der betroffenen Länder nicht erhöhen.In der EZB stößt der Vorschlag für solche Anleihen grundsätzlich auf viel Zustimmung. Mehr noch: Wie es in Notenbankkreisen heißt, haben die EZB und nicht zuletzt EZB-Präsidentin Christine Lagarde selbst die Idee zuletzt bei Beratungen zur Coronakrise auf EU-Ebene durchaus stark beworben.Auch Portugals Notenbankchef und EZB-Ratsmitglied Carlos Costa stellte sich gestern hinter diese Idee. Auf diese Weise könnte eine neue Schuldenkrise verhindert werden, sagte Costa der Nachrichtenagentur Reuters: “Ein Scheitern der Kooperation in dieser Krise würde das europäische Projekt permanent beschädigen.” Es müssten Lösungen gefunden werden, damit die Viruskrise nicht zu einer zweiten Schuldenkrise werde. Solche gemeinsamen Anleihen könnten vom Euro-Rettungsschirm ESM ausgegeben werden. Bundesbank muss abwägenDie Bundesbank hatte sich in der Vergangenheit stets gegen Euro-Bonds ausgesprochen, weil sie befürchtete, dass damit Haftung und Kontrolle in fiskalischen Fragen auseinanderfallen würden. Das Problem würde sich auch bei gezielten Corona-Bonds stellen. Auf der anderen Seite wären solche gemeinsamen Anleihen in der aktuellen Situation Ausdruck einer europäischen Solidarität der Politik, und sie würden die EZB als Retter entlasten – die derzeit wieder stark allein agieren muss. Wenn die Corona-Bonds gezielt und befristet aufgelegt würden, dürfte es auch in der Bundesbank eine gewisse Sympathie für die Initiative geben.Der Chef der deutschen Wirtschaftsweisen, Lars Feld, hält dagegen gar nichts von den Überlegungen. “Corona-Bonds würden die Gemeinschaftshaftung von Staatsanleihen der Mitgliedstaaten im Euroraum einführen”, sagte Feld der Börsen-Zeitung. Dies bedeute eine gesamtschuldnerische Haftung. “Deutschland würde in voller Höhe für den Umfang jeder so begebenen Anleihe anderer Mitgliedstaaten haften, ohne auch nur ein kleines Wörtchen bei der Finanzpolitik des jeweiligen Landes mitreden zu können. Haftung und Kontrolle fallen völlig auseinander. Das wäre ein Desaster”, sagte Feld, und weiter: “Zu meinen, man könne solche Bonds nur vorübergehend einführen, ist blauäugig. Sind sie einmal da, bleiben sie.”