EZB wirbt für öffentliche Investitionen

Notenbank rechnet Ausgabensteigerung für Deutschland durch

EZB wirbt für öffentliche Investitionen

ms Frankfurt – Deutschland könnte nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) der Wirtschaft im Land und in der gesamten Eurozone merklichen Auftrieb geben, wenn es die öffentlichen Investitionen steigern würde. Am größten wäre der positive Effekt demnach, wenn die Investitionen mit neuen Schulden finanziert würden – zumal im aktuellen Umfeld niedriger Inflation und rekordtiefer Leitzinsen. Entsprechende Modellsimulationen veröffentlichte die EZB gestern in Vorgriff auf den neuen Wirtschaftsbericht, der am Donnerstag veröffentlicht wird. Positive Effekte für EurozoneKonkret hat die EZB eine zeitweise Erhöhung der öffentlichen Investitionen um 1 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) über fünf Jahre modelliert. 2015 lag das BIP in Deutschland bei rund 3,03 Bill. Euro – 1 % entspräche also rund 30 Mrd. Euro. Für die deutsche Wirtschaft ergäben sich laut EZB kurz- und langfristig positive Effekte. Im Durchschnitt der ersten beiden Jahre beispielsweise könne das BIP bei der schuldenfinanzierten Variante um rund 1,5 % pro Jahr höher liegen als ohne diesen zusätzlichen Impuls. Für den Rest der Eurozone kommt die EZB-Rechnung dabei auf ein BIP-Plus von rund 0,5 % – vor allem wegen der Handelsverflechtungen.Mit ihrer Analyse heizt die EZB die Diskussion darüber an, ob Deutschland mit zusätzlichen Staatsausgaben insbesondere für Investitionen die Konjunktur anheizen sollte – auch zum Wohle der gesamten Euro-Wirtschaft. Diese Forderung wird nicht zuletzt aus den USA und vom Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie von einigen Euro-Partnern regelmäßig erhoben. Aber auch in Deutschland plädieren immer wieder Ökonomen dafür, zumal der Bund am Markt so günstig wie nie und teilweise sogar zu negativen Zinsen Geld aufnehmen kann.Die Bundesregierung lehnt solche Forderungen aber ab und hält an dem Ziel der “schwarzen Null” fest. Rückendeckung erhält sie dabei auch von der Bundesbank. Bundesbankpräsident Jens Weidmann verweist regelmäßig darauf, dass die deutsche Wirtschaft keinen zusätzlichen Stimulus brauche. Zudem zweifeln die deutschen Währungshüter große positive Überschwappeffekte auf den Rest der Eurozone an.Die EZB schränkt in ihrer Betrachtung ein, dass sich eine solche schuldenfinanzierte Steigerung der öffentlichen Investitionen nicht selbst finanziere, weil sich langfristig die öffentliche Schuldenquote erhöhe. Das wäre nicht der Fall, wenn die zusätzlichen Investitionen mit Ausgabenkürzungen an anderer Stelle oder Steuererhöhungen finanziert würden. Dann wäre laut EZB aber auch der positive kurzfristige Wachstumseffekt geringer. Geldpolitik entscheidendEine zentrale Rolle kommt laut EZB der Geldpolitik zu. Reagiere sie mit Zinserhöhungen, wenn sich durch den Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage höhere Inflationsrisiken ergäben, werde der positive Effekt deutlich gedämpft. Das gelte insbesondere für die Ausstrahleffekte auf andere Länder. Die Aussicht auf eine expansive Geldpolitik sei also wichtig. Diese Erkenntnis verstärke die Argumente dafür, die öffentlichen Investitionen im aktuellen Umfeld niedriger Inflation zu erhöhen, heißt es in der Analyse.Mit ihr untermauert die EZB auch generell ihre Forderungen, dass neben der Geldpolitik andere Politikbereiche stärker ihren Beitrag leisten müssten, um die Euro-Wirtschaft zu stützen. Auch EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré plädierte gestern in Paris dafür, öffentliche Ausgaben in Richtung Investitionen, Forschung und Bildung umzuschichten.