Kreditvergabe

EZB-Zinspolitik kühlt Konjunktur weiter ab

Die Entwicklung der Geldmenge im Euroraum deutet auf geringere wirtschaftliche Aktivitäten hin. Auch die Kreditvergabe in der Eurozone verliert weiter an Schwung. Es sind die letzten Daten für die EZB vor ihrem Zinsentscheid am Donnerstag.

EZB-Zinspolitik kühlt Konjunktur weiter ab

EZB-Zinspolitik kühlt Konjunktur weiter ab

Kreditvergabe in der Eurozone verliert erneut an Schwung – Geldmenge M1 schrumpft deutlich

mpi Frankfurt

Die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) um 400 Basispunkte seit Juli vergangenen Jahres schlagen immer stärker auf die Kreditvergabe der Banken an Unternehmen und Privathaushalte durch. Im Juni vergaben die Finanzinstitute in der Eurozone nur noch 3,0% mehr Kredite an Firmen aus dem Nichtfinanzsektor, wie die EZB am Mittwoch in Frankfurt mitteilte. Im Mai hatte die jährliche Wachstumsrate noch bei 4,0% gelegen. Damit setzt sich der Ende 2022 begonnene Trend der sich abschwächenden Kreditvergabe fort. Auch bei Privathaushalten verliert die Darlehensaufnahme an Dynamik. Die Banken reichten im Juni nur noch 1,7% mehr Kredite aus, nach 2,1% im Mai.

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Die EZB versucht mit ihrem geldpolitischen Straffungskurs – der sich am Donnerstag mit einer weiteren Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte fortsetzen dürfte – unter anderem die wirtschaftliche Aktivität in der Eurozone zu reduzieren, um so den Inflationsdruck zu senken. Allerdings gibt es bei manchen Ökonomen und EZB-Ratsmitgliedern Bedenken, dass die EZB überziehen könnte und die Konjunktur zu stark abbremst.

Die Euro-Wirtschaft hat im ersten Quartal 2023 stagniert. Nachdem sie zum Jahresende 2022 leicht geschrumpft ist, befindet sie sich nun in einer technischen Rezession. Laut Prognosen dürfte sich die Euro-Konjunktur im weiteren Jahresverlauf zwar erholen, doch das Wachstum dürfte schwach ausfallen.

Deutsche Wirtschaft als Sorgenkind

Noch schlechter läuft es für größte Volkswirtschaft in der Eurozone – Deutschland. Nachdem sich auch die deutsche Wirtschaft derzeit in einer technischen Rezession befindet, also zwei Quartalen in Folge mit sinkendem Wirtschaftswachstum, verdichten sich die Anzeichen, dass die Konjunktur hierzulande auch über das gesamte Jahr 2023 hinweg schrumpfen könnte. Die Konjunkturampel der Börsen-Zeitung und von Kiel Economics schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) im laufenden Jahr sinkt, auf 67%. Der Internationale Währungsfonds (IWF) senkte seine BIP-Prognose für Deutschland um 0,2 Prozentpunkt auf ein Minus von 0,3%. Damit ist Deutschland das Schlusslicht unter den größeren Nationen.

Die Auswirkungen der Geldpolitik auf die Konjunktur im Euroraum lassen sich auch an der Entwicklung der Geldmenge ablesen, die die EZB ebenfalls am Mittwoch veröffentlichte. Die Geldmenge M1, zu der das laufende Bargeld und die täglich fälligen Einlagen zählen, schrumpfte im Juni um 8,0%. Im Monat zuvor hatte der Rückgang nur 6,4% betragen. Die Geldmenge M1 gilt vielen Ökonomen als Konjunkturindikator, wobei ein Schrumpfen als ein schlechtes Signal für die Wirtschaftsentwicklung betrachtet wird. Die breiter gefasste Geldmenge M3, zu der unter anderem Bargeld, Einlagen auf Girokonten sowie Geldmarktpapiere und Schuldverschreibungen zählen, legte im Juni mit einem Wachstum von 0,6% kaum noch zu. Im Mai war es noch ein Plus von 1,0% gewesen.

Die EZB-Daten vom Mittwoch decken sich mit den Ergebnissen des Bank Lendings Survey (BLS), den die EZB am Vortag veröffentlichte. Die vierteljährliche Umfrage unter Banken der Eurozone zeigt, dass die Finanzinstitute wegen der höheren Leitzinsen ihre Kreditrichtlinien verschärften und in der Folge die Nachfrage nach Unternehmenskrediten auf ein Allzeittief seit Beginn der Befragung im Jahr 2003 gefallen ist.

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