EZB zu weiteren Krisenhilfen bereit

Notenbank arbeitet intensiv an neuen Maßnahmen

EZB zu weiteren Krisenhilfen bereit

Von Mark Schrörs, FrankfurtDie Europäische Zentralbank (EZB) steht bereit, die Euro-Wirtschaft im Kampf gegen die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie mit zusätzlichen Maßnahmen zu unterstützen. Die Euro-Hüter betonten gestern in einem Statement ihre grundsätzliche Handlungsbereitschaft, und tatsächlich wird in der EZB bereits intensiv an weiteren Maßnahmen zur Abmilderung der Krisenfolgen gearbeitet, die bereits in Kürze verkündet werden könnten, wie die Börsen-Zeitung aus Notenbankkreisen erfuhr. Der EZB-Rat kam laut diesen Informationen gestern Abend zu einer virtuellen Sitzung außer der Reihe zusammen. Bis Redaktionsschluss lagen noch keine Ergebnisse vor. Ungewöhnliches StatementDie EZB sei bereit, “alle ihre Maßnahmen gegebenenfalls anzupassen, sollte dies zur Sicherstellung angemessener Liquiditätsbedingungen im Bankensystem und zur Gewährleistung einer reibungslosen Transmission der Geldpolitik in allen Ländern erforderlich sein”, hieß es gestern in einem Statement als Reaktion auf Äußerungen von EZB-Ratsmitglied Robert Holzmann. Holzmann hatte zuvor an den Märkten mit Aussagen für Aufsehen gesorgt, denen zufolge im EZB-Rat Einigkeit darüber herrsche, dass die Notenbank ihre Grenzen erreicht habe.Der EZB-Rat hatte erst in der vergangenen Woche ein Maßnahmenpaket beschlossen, das insbesondere neue Liquiditätshilfen für die Banken, bessere Konditionen bei bestehenden Geschäften und eine Aufstockung der Wertpapierkäufe (Quantitative Easing, QE) beinhaltete. An den Märkten hatte das dennoch für Enttäuschung gesorgt, auch weil die erwartete Zinssenkung ausblieb. Zudem hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde bei der Pressekonferenz mit Aussagen für Irritationen gesorgt und so für zusätzliche Verunsicherung an den Märkten gesorgt.Gestern nun untermauerte der EZB-Rat seine Bereitschaft nachzulegen, falls das nötig sein sollte – die er auch vergangene Woche bereits erneuert hatte. Österreichs Notenbankchef Holzmann hatte zuvor gesagt, “dass die Geldpolitik ihre Grenzen erreicht hat”, dass jetzt die Fiskalpolitik gefragt sei und dass über diese Punkte “Einstimmigkeit” im Rat herrsche. Dass die EZB auf solche Interviewaussagen mit einem eigenen Statement reagiert, ist äußerst selten. Auch Holzmann versuchte, die Wogen zu glätten. “Die Geldpolitik hat ihre Grenzen noch lange nicht erreicht”, ließ er gestern erklären. Der “Instrumentenkasten” sei nach wie vor sehr gut gefüllt.Für die EZB bedeutet das bereits die zweite Kommunikationspanne binnen einer Woche. Lagarde hatte in der Pressekonferenz gesagt, es sei nicht Aufgabe der EZB, auf Bewegungen am Staatsanleihemarkt zu reagieren und erhöhte Risikospreads zu schließen. Die Kommentare wurden als teilweise Abkehr vom Kurs der EZB unter Mario Draghi in der Euro-Schuldenkrise interpretiert und lösten einen Ausverkauf bei italienischen Bonds aus. Später relativierte Lagarde ihre Aussagen in einem Interview.Dass der EZB-Rat nun bereits so kurz nach der Verkündung des Maßnahmenpakets zu weiteren Hilfen bereit ist und diese vorbereitet, hat mit der weiteren Zuspitzung der Coronakrise zu tun. So steigt die Zahl der Fälle rasant weiter und viele Länder, darunter auch Deutschland, haben drastische Einschränkungen des öffentlichen Lebens vorgenommen. Das hat auch gravierende wirtschaftliche Schäden zur Folge.Zu dieser Einschätzung kommen auch Analysen aus der EZB. Bei der Videokonferenz der EU-Staats- und Regierungschefs am Dienstagabend legte Lagarde entsprechende Schätzungen vor, wie es in Notenbankkreisen hieß. Demnach könne sich das Wirtschaftswachstum im Euroraum pro Monat, in dem das öffentliche Leben lahmgelegt sei (“lockdown”), um rund 2 Prozentpunkte verringern. Wenn der “lockdown” drei Monate andauere, könne das Minus folglich bei rund 6 Prozentpunkten liegen. Zuletzt war die EZB offiziell von 0,8 % Wachstum im Jahr 2020 ausgegangen. Die “FAZ” hatte zuerst über Lagardes Aussagen berichtet. EZB hilft ItalienUnterdessen greift die EZB bereits an den Märkten ein, um speziell die Aufregung rund um das vom Coronavirus besonders betroffene Italien zu beschwichtigen (siehe auch Text auf Seite 6). Das Eurosystem kauft bereits verstärkt italienische Bonds, wie es in Notenbankkreisen hieß. Das bestätigte de facto gestern auch EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel in einem “Zeit”-Interview. Vergangene Woche hatte die EZB bereits erklärt, die volle Flexibilität des QE-Programms nutzen zu wollen.