Arbeitsmarkt

Fachkräftemangel verschärft sich trotz Konjunkturflaute

Der Fachkräftemangel nimmt laut Ifo-Institut wieder zu – und das trotz mauer Konjunktur. Positives meldet dagegen Destatis von der Teilzeit-Front.

Fachkräftemangel verschärft sich trotz Konjunkturflaute

Trotz Konjunkturflaute fehlen mehr Fachkräfte

Ifo-Studie: Vor allem Dienstleister suchen händeringend – Immer mehr Mütter von Minderjährigen erwerbstätig

ast Frankfurt

Deutschen Unternehmen ist es im Juli wieder schwerer gefallen, geeignetes Personal für offene Stellen zu finden. Nachdem sich der Mangel in den vergangenen Monaten etwas abgemildert hatte, klagten im letzten Monat 43,1% der Firmen über Engpässe an qualifizierten Arbeitskräften. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Ifo-Instituts hervor. "Trotz schwächelnder Konjunktur sind viele Unternehmen weiterhin händeringend auf der Suche nach geeigneten Mitarbeitenden", sagte Ifo-Experte Stefan Sauer. Zum Zeitpunkt der letzten Umfrage des Ifo-Instituts im April litten mit 42,2% der Unternehmen etwas weniger unter dem Personalmangel. Im Juli 2022 wurde ein Höchststand bei 49,7% erreicht.

Besonders betroffen ist den Münchner Ökonomen zufolge der Dienstleistungssektor. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen in diesem Wirtschaftssektor finden nicht die Bewerber, die sie brauchen. In der Rechts- und Steuerberatung sowie bei den Wirtschaftsprüfern sind sogar 75,3% der einstellenden Betriebe von dem Mangel betroffen. Einen neuen Höchststand verzeichnete das Wirtschaftsforschungsinstitut im Verkehrsbereich und in Architektur- und Ingenieurbüros. Hier klagten zwei Drittel der Betriebe über Bewerbermangel.

Etwas besser sieht es hingegen in der Industrie und im Einzelhandel aus. In der Industrie reduzierte sich der Anteil der Unternehmen, die vom Fachkräftemangel betroffen sind, geringfügig auf 34,6%. Am stärksten betroffen waren demnach EDV-Gerätehersteller mit 43,1%. Im Maschinenbau liegt der Anteil bei 40,9%.

Veränderte Einstellungspolitik

Zwar stagnierte die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal überraschend – Ökonomen hatten eigentlich einen leichten Rückgang um 0,1% erwartet. Doch für das kommende Halbjahr zeigen fast alle konjunkturellen Frühindikatoren, zuletzt die ZEW-Konjunkturerwartungen, nach unten. Dass sich der Fachkräftemangel dennoch zuspitzt, liegt an den Lehren aus der Coronakrise. Angesichts des leer gefegten Arbeitsmarkts versuchen die Unternehmen ihre Mitarbeiter auch während wirtschaftlicher Schwächephasen zu halten. Die Bundesregierung unterstützte dies durch den vereinfachten Zugang zu konjunkturellem Kurzarbeitergeld während der Coronavirus-Pandemie. So sollten und konnten Massenentlassungen verhindert werden. So entkoppeln sich Arbeitsmarkt und Konjunktur zusehends. Der Fachkräftemangel wird auch in Rezessionszeiten nicht spürbar gemildert. Die Wirtschaft setzt vor allem auf eine verstärkte Zuwanderung. Dies soll helfen, das demografische Problem zu lösen. Auch längere Lebens- und Wochenarbeitszeiten sind immer wieder Thema. Berlin will mit einer Strategie zur Fachkräftesicherung gegensteuern. Dazu gehört auch die Aktivierung der sogenannten stillen Reserve, also von Menschen, die gerne arbeiten würden, es aber etwa aufgrund mangelnder Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder nicht können.

Teilzeit nimmt zu

Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Mittwoch meldete, ist der Anteil arbeitender Mütter mit minderjährigen Kindern seit 2005 um 9 Prozentpunkte gestiegen. Bei den Vätern gab es im selben Zeitraum nur einen Anstieg von 4 Prozentpunkten. Destatis zufolge waren 2022 etwa 69% der Mütter von Kindern unter drei Jahren erwerbstätig. Je jünger das jüngste Kind ist, desto geringer ist die Erwerbstätigkeit der Mütter, so die Analysten. Neben der Zuwanderung gilt daher der Kita-Ausbau als ein wichtiger Pfeiler in der Fachkräftesicherung.

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