Fed-Chefs unter sich
dpa-afx – “Ich habe mir die ganze Zeit über Sorgen gemacht”, sagt Paul Volcker über seine achtjährige Amtszeit als Vorsitzender der US-Zentralbank Federal Reserve. Er ist in guter Gesellschaft, an diesem Abend in New York. Neben Volcker bilden die amtierende Fed-Chefin Janet Yellen und ihre Vorgänger Ben Bernanke und Alan Greenspan die Diskussionsrunde. Die Spitzenkräfte aus mehr als einem Drittel US-Zentralbankgeschichte debattieren über Wirtschaftsrisiken, Konjunktur und die Verantwortung der Fed – das gab es in dieser Form noch nie.”Zum Glück muss ich mich nicht darum kümmern”, sagt Bernanke scherzend und lenkt die Blicke auf Sitznachbarin Yellen. Es geht darum, wie die Fed die Geldschwemme aus seiner Amtszeit je wieder unfallfrei aus dem Finanzsystem abziehen will. Um sich nach dem Crash von 2008 gegen den Totalabsturz der US-Wirtschaft zu stemmen, hatte die Notenbank massenhaft Liquidität in die Märkte gepumpt und ihre Bilanz um fast 3 Bill. Dollar auf 4,5 Bill. Dollar aufgebläht.Obwohl sich die US-Wirtschaft erholt hat, ist die schwindelerregende Summe noch immer auf den Büchern der Notenbank. Für Yellen ist das kein Problem: “Es läuft alles glatt”, sagt sie. Die “schrecklichen Dinge”, vor denen gewarnt wurde, seien bislang nicht eingetreten.Rückblick: Unter Bernanke musste sich die Fed beim Krisenmanagement neue Rezepte ausdenken. Als der Leitzins, der die Konditionen für kurzfristige Kredite steuern soll, die Nulllinie erreichte, waren die herkömmlichen Mittel der Geldpolitik ausgeschöpft. Um die Konjunktur zusätzlich anzuschieben, begann die Fed ein gewagtes Experiment und flutete das Finanzsystem von Ende 2008 bis Oktober 2014 über Anleihenkäufe mit Zentralbankgeld.Das birgt Risiken und Nebenwirkungen: Zu viel Liquidität kann übermäßige Spekulationen anheizen und die Vermögenspreise aufblähen, was direkt zum nächsten Kollaps führen kann. Davon will Bernanke aber nichts wissen: Die Sorgen vor Dollar-Crash und Hyperinflation hätten sich als unbegründet entpuppt. Yellen stimmt zu: Von einer “Blasen-Ökonomie” und überbewerteten Preisen könne keine Rede sein.Yellen hat ohnehin andere Sorgen. Angesichts der ungewissen Aussichten der US-Wirtschaft werfen ihr Kritiker vor, im Dezember überhastet die Zinsen erhöht zu haben – es war die erste Anhebung seit fast zehn Jahren. Das sei kein Fehler gewesen, sagt Yellen. Die Konjunktur habe seitdem Fortschritte gemacht. Sie gehe davon aus, dass die Zinsen schrittweise weiter steigen.Beim Treffen der “Top 4” der US-Geldpolitik wird vor allem eines deutlich: Die Verantwortung, die auf den Schultern der obersten Währungshüter lastet, ist riesig. Ob sich die Notenbank der Bedeutung ihrer Maßnahmen für andere Länder bewusst sei, will ein Student aus dem Publikum wissen. “Wenn es den USA gut geht, ist das tendenziell ein Plus für die Weltwirtschaft”, antwortet Yellen. Schwellenländer zittern, wenn die Fed ihren Kurs strafft, weil Geld dann in die USA zurückfließt. Man kann es nicht allen recht machen, meint Bernanke. Rückhalt der BevölkerungDavon kann auch Volcker ein Lied singen. Er hob die Zinsen Anfang der 1980er Jahre im Kampf gegen die galoppierende Inflation auf mehr als 20 % an und mutete der US-Wirtschaft damit einiges zu. Doch die breite Bevölkerung habe den Kurs unterstützt, sagt er heute: “Die Leute hatten genug von der Malaise und steigender Inflation.”Der Einzige, dem zu Amtszeiten gehuldigt wurde, ist Greenspan. Doch der einstige “Magier der Märkte”, der per Videoschalte an dem Gipfeltreffen teilnimmt, hat inzwischen sogar den schlechtesten Ruf der vier. Sein Hang zu lockerer Geldpolitik gilt rückblickend als Wegbereiter für die Krise des Jahres 2008. Vorwürfe mag Greenspan, der jüngst 90 wurde und über 18 Jahre an der Fed-Spitze stand, an dem Abend aber keiner machen. Es seien ohnehin immer viele Leute unzufrieden. Man könne nur “versuchen, das Richtige zu tun”, fasste Bernanke am Ende das Dilemma der Fed-Chefs zusammen.——–Ein Treffen der besonderen Art: Janet Yellen und ihre Vorgänger diskutieren die US-Geldpolitik.——-