WHO

Ferner Donner

Donald Trump hat mit der Einstellung der Zahlungen an die Weltgesundheitsorganisation WHO gezeigt, dass er seinen Worten Taten folgen lässt. Aus seiner Sicht ist das nur logisch, schließlich tobt in den Vereinigten Staaten nicht nur die...

Ferner Donner

Donald Trump hat mit der Einstellung der Zahlungen an die Weltgesundheitsorganisation WHO gezeigt, dass er seinen Worten Taten folgen lässt. Aus seiner Sicht ist das nur logisch, schließlich tobt in den Vereinigten Staaten nicht nur die Coronavirus-Pandemie, sondern auch ein Wahlkampf, dessen Giftigkeit kaum zu überbieten ist.Die seit 2017 von einem ehemaligen Gesundheits- und Außenminister Äthiopiens geführte WHO bot sich als Prügelknabe geradezu an. Sie spielte schon bei der Sars-Epidemie Anfang des Jahrtausends eine unrühmliche Rolle, als sie auf Drängen Pekings dem verhassten Taiwan wesentliche Informationen vorenthielt. Schon damals übte sich die chinesische Parteiführung in Vertuschung. Die vermeintlichen Experten ließen sich auch dieses Mal an der Nase herumführen und haben zumindest widersprüchliche Empfehlungen gegeben. Sie glaubten, dass es keine Übertragung von Mensch zu Mensch gegeben habe. Der anfängliche Verzicht auf Reisebeschränkungen sorgte dafür, dass sich der Erreger in der ganzen Welt verbreiten konnte.Trump kann darauf verweisen, dass er schon früh einen Einreisestopp verhängte. Seiner Wählerbasis genügt das vielleicht. US-Amerikaner und ihre Familien durften jedoch aus der Volksrepublik zurückkehren. Und man darf davon ausgehen, dass sich unter ihnen Infizierte befanden, die nicht als solche erkannt wurden, weil sie keine Symptome zeigten. Aber wen interessieren schon lästige Details, wenn sich die Verantwortung für Tausende von Toten dem erklärten Gegner China zuordnen lässt?Der ferne Donner, den die Implosion der WHO-Finanzen auslöst, passt in die in zahlreichen westlichen Gesellschaften vorherrschende Endzeitstimmung. Sie erinnert in vielerlei Hinsicht an den Vorabend des Ersten Weltkrieges, das Fin de Siècle. Heute ist die Welt von gestern eine Welt, in der man nicht nur auf ein größeres Stück vom Kuchen für sich selbst, sondern auf einen größeren Kuchen für alle hoffte. Sie geht in dem lautstarken Nationalismus unter, der einem in Washington und Peking gleichermaßen entgegenschallt.Trump hätte gut daran getan, den US-Einfluss in der WHO wenigstens annähernd auf Höhe des Anteils der Beitragszahlungen am Budget zu bringen. Doch für die Mühen der Ebene hat man im Weißen Haus keine Zeit. Die dringend nötige internationale Untersuchung der Ursachen der Pandemie kann jetzt nur noch beim UN-Sicherheitsrat angesiedelt werden, wenn aus dem fernen Donner kein dröhnender Lärm werden soll.