AUFREGUNG UM EU-PERSONALPAKET

Fernsehjournalist ist Überraschungssieger

David-Maria Sassoli wird EU-Parlamentspräsident

Fernsehjournalist ist Überraschungssieger

tkb Mailand – Der ehemalige Fernsehjournalist David-Maria Sassoli wurde im zweiten Wahlgang zum EU-Parlamentspräsidenten gewählt. Der Sozialdemokrat erreichte mit 345 der 667 gültigen Stimmen die absolute Mehrheit. Diese hatte er im ersten Wahlgang mit 325 Stimmen knapp verpasst. Gegenkandidatin war u.a. die deutsche Co-Vorsitzende der Grünen, Ska Keller. Diese erhielt im zweiten Wahlgang 119 Stimmen. Sassoli hat den scheidenden italienischen Parlamentspräsidenten Antonio Tajani fünf Jahre lang als Vize flankiert. Seine Wahl war insofern eine Überraschung, als bis vor kurzem noch der bulgarische Ex-Regierungschef, der Sozialist Sergei Stanischew, als Favorit galt. Thema seiner Antrittsrede war ein Bekenntnis zu Europa: “Wir können stolz darauf sein, anders als die anderen zu sein”. Die EU sei kein Zufall der Geschichte. Größtes Anliegen in den kommenden fünf Jahren sei nicht nur der Klimawandel, sondern auch der Kampf gegen den “Virus Nationalismus”. Er forderte mehr Solidarität beim Thema Migration und plädiert für eine Reform der Dublin-III-Verordnung. Vorgesehen ist, dass der Italiener in der ersten Hälfte der Legislaturperiode im Amt bleibt, um danach von einem Vertreter der Europäischen Volkspartei abgelöst zu werden.Der 1956 in Florenz geborene Sassoli hat nach dem abgeschlossenen Studium der Politikwissenschaften in Florenz seine Karriere als Zeitungsjournalist begonnen, erst bei lokalen Tageszeitungen, dann als römischer Korrespondent beim Mailänder Tagesblatt “Il Giorno”. 1995 wechselte er zum Staatsfernsehen Rai. Dort war der Vollblutjournalist erst bei dem links orientierten Sender Rai 3 tätig und wechselte dann zu TG1, wo er von 2005 bis 2009 die abendliche Nachrichtensendung “Telegiornale” leitete. Von 2006 bis 2009 war er Vizedirektor von Rai 1. Sassoli ist mit Alessandra Vittorini verheiratet, hat zwei inzwischen erwachsene Kinder. Der passionierte Hobby-Gärtner ist auch Anhänger des in der Nationalliga spielenden Fußballclubs Fiorentina.Abgesehen vom Journalismus steht die Politik im Mittelpunkt seines Interesses. 2009 startete er seine politische Karriere und wurde als PD- (Partito Democratico)-Abgeordneter in das Europarlament gewählt. Als er sich 2013 für das Bürgermeisteramt in Rom bewarb, unterlag er dem späteren Regierungschef Paolo Gentiloni. 2013 veröffentlichte er, Jahre nach der Entführung und Ermordung des einstigen christdemokratischen Regierungschefs Aldo Moro, gemeinsam mit Francesco Saverio Garofani das Buch “Il potere fragile” (Die zerbrechliche Macht). Der Linksdemokrat Sassoli war anfangs mit seinem Landsmann, dem ehemaligen Bürgermeister von Florenz und späteren Regierungschef Matteo Renzi, eng verbunden. Er distanzierte sich dann aber, da “Renzi gleich ganz Italien ändern wollte”. Eine gewisse Distanz zeigt der Florentiner auch zur derzeitigen populistischen Regierung in Rom.