KOALITIONSPOKER

Finanzieller Zündstoff in Jamaika-Verhandlung

DIHK berechnet Spielraum für vier Jahre

Finanzieller Zündstoff in Jamaika-Verhandlung

wf Berlin – In den schwierigen Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition haben Zahlen der Kammerorganisation DIHK über eine deutlich bessere Finanzausstattung in der Legislaturperiode die Lage verkompliziert. Aus dem DIHK wurde in Berlin ein Papier bekannt, nach dem die Bundesregierung über 76 Mrd. Euro an zusätzlichem Spielraum verfügen kann. Bislang waren die Verhandlungspartner aus CDU, CSU, FDP und Grünen von 35 bis 40 Mrd. Euro ausgegangen. Da die Wunschliste der Sondierer länger ist als die der finanziellen Möglichkeiten, könnte der DIHK falsche Hoffnungen bestärken. Die Haushälter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wiesen die Kalkulation umgehend zurück. Die Zahlen seien “fehlerhaft und unseriös”, hieß es. Nicht nachvollziehbare “Luftbuchungen” führten zu “völlig überhöhten Spielräumen”.Der DIHK geht nach jüngsten Steuerschätzungen von 30 Mrd. Euro zusätzlichen Einnahmen aus, kalkuliert 12 Mrd. Euro aus verstärktem Wirtschaftswachstum sowie 16 Mrd. Euro aus Einsparungen bei Zinsen und höheren Gewinnen der Bundesbank. 18 Mrd. Euro würden aus der Reserve für Flüchtlingskosten den Haushalt stärken. Die Haushälter der Unionsfraktion wiesen dies zurück: Die Steuermehreinnahmen lägen für die Legislaturperiode bei knapp 19 Mrd. Euro – Wachstumssteigerungen schon inbegriffen. Einsparungen bei Zinsen könnten nicht fortgeschrieben werden, da bei der Emission von Bundesanleihen keine Agien mehr in der bisherigen Höhe zu erzielen seien. Die Bundesschuld sei mittlerweile weitgehend umstrukturiert. 2016 hatte der Bund 2,8 Mrd. Euro weniger aus Zinsen ausgegeben als im Etat veranschlagt. Auf höhere Bundesbankgewinne haben die Haushälter keine Hinweise.Die Verhandlungspartner hatten ihre Gespräche nach einer ergebnislosen Schlussrunde am Donnerstag vertagt und Freitagmittag wieder aufgenommen. Strittig waren bis zum Schluss: Migration, Landwirtschaft, Verkehr, Energie und Europapolitik. Bis Redaktionsschluss gab es keine Einigung. Unstrittig ist dem Entwurf der Jamaika-Parteien zufolge, dass der Bundeshaushalt in den vier Jahren der Legislaturperiode ohne neue Schulden auskommen soll. Die Maastricht-Schuldenregel von maximal 60 % des Bruttoinlandsprodukts solle bis 2021 wieder erfüllt werden. Für zusätzliche Ausgaben ist eine nach Priorität geordnete Liste vorgesehen, deren Positionen aber noch offen waren. Einig sind die Sondierer im Finanzmarktsektor indessen, die Rahmenbedingungen für nachhaltige Finanzprodukte wie Green Bonds EU-weit zu stärken.