Finanzplatz nimmt Abschied von Karl Otto Pöhl
Von Mark Schrörs, FrankfurtEr hat den Ruf der Bundesbank als Hort währungspolitischer Stabilität ganz wesentlich mitgeprägt. Er gilt als einer der, wenn nicht der wichtigste geistige Vater des Statuts der Europäischen Zentralbank (EZB). Und er hat zeitlebens für die Unabhängigkeit der Zentralbanken von der Politik gekämpft: Karl Otto Pöhl, von 1980 bis 1991 Präsident der Deutschen Bundesbank, gilt noch heute als herausragender Notenbanker, sein Name hat vor allem unter Zentralbankern und Wirtschaftsexperten rund um den Globus noch immer einen exzellenten Klang. Gestern nun nahm die Bundesbank mit einer Gedenkfeier Abschied von Pöhl, der Mitte Dezember, kurz nach seinem 85. Geburtstag, nach langer Krankheit verstorben ist. “Eine große Persönlichkeit”Mit Pöhl habe die Bundesbank und das Land “eine der großen Persönlichkeiten verloren, welche die D-Mark zum Stabilitätsanker in Europa und die Bundesbank zum Vorbild für die Europäische Zentralbank gemacht” habe, sagte der aktuelle Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Er erinnerte an das schwierige Umfeld beim Amtsantritt Pöhls, als die Preise in Deutschland im Zuge eines weltweiten Inflationssogs immer schneller anzogen und Pöhl gegen die Kritik aus Washington, Paris und auch Bonns mit einer straffen Geldpolitik gegengesteuert hatte – mit Erfolg, wie Weidmann betonte. Er erinnerte an Pöhls prägende Rolle in der Delors-Kommission, welche die europäische Währungsunion vorbereitete – auch wenn Pöhl selbst das Projekt skeptisch sah und früh Probleme vorhersah. Und Weidmann erinnerte an Pöhls Konflikt mit der Bundesregierung rund um die deutsch-deutsche Währungsunion – der auch mit zu seinem Rücktritt 1991 führte.”In dem Spannungsfeld zwischen politischen Erfordernissen und ökonomischer Vernunft ist sein unermüdlicher Einsatz für die Stabilitätsorientierung der Bank ein ungeheures Verdienst”, sagte Weidmann. Pöhl selbst hatte Weidmann in einem letzten Interview wenige Tage vor seinem Tod noch aufgefordert, immer wieder daran zu erinnern, dass der EZB und der Geldpolitik Grenzen gesetzt seien. “Weiter rufen und hart bleiben”, riet er Weidmann, der sich gegen einen zu aggressiven Kurs der EZB stemmt. Auch wenn das “nicht leicht” sei, wie Pöhl selbst nur zu gut wusste.Auch Pöhls Nachfolger, Helmut Schlesinger, und der Historiker Michael Stürmer würdigten die Verdienste Pöhls vor den rund 150 Gästen im Gästehaus der Bundesbank. Unter ihnen waren viele Vertreter des Finanzplatzes der achtziger und neunziger Jahre wie etwa die ehemaligen Deutsche-Bank-Chefs Hilmar Kopper und Rolf-E. Breuer, aber auch viele heutige Chefs und Vorstandsmitglieder Frankfurter Banken aus allen drei Säulen, nicht zuletzt der Co-Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen. Dazu gesellten sich viele Notenbanker; so etwa bis auf Axel Weber alle lebenden Ex-Bundesbankpräsidenten sowie auch EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger.Schlesinger lobte aber nicht nur die geldpolitische Expertise Pöhls, sondern stellte auch andere Besonderheiten heraus: Als ehemaliger Journalist – Pöhl war eine Zeit lang sogar Sportreporter – habe er es wie kaum jemand verstanden, mit den Medien zu kommunizieren. Zudem sei Pöhl “nicht schulmeisterlich, sondern mit wirklichem Einfühlungsvermögen” aufgetreten. Eine “Legende schon zu seiner Zeit”, sagte Stürmer.Pöhls Sohn Moritz Karl Ulrich schließlich sprach viel über den Menschen Pöhl. Sein Vater habe stets gesagt, er habe bei der Bundesbank “seine schönste Zeit” gehabt. Entsprechend sei ihm der Rücktritt “unheimlich schwer gefallen”, und er habe “lange mit sich gerungen”. Schließlich erinnerte Moritz Karl Ulrich Pöhl noch an eine andere, ausgeprägte Seite: 1979 etwa habe sein Vater nach der Geburt einer Tochter gesagt, “es sei endlich einmal etwas mit Hand und Fuß aus dem Zentralbankrat herausgekommen”. Pöhl – das war auch ein Mann mit sehr viel Lebensfreude und jeder Menge Humor.