KOMMENTAR

Finger weg

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat entschieden, im Zuge des breit angelegten Anleihekaufprogramms Quantitative Easing (QE) künftig auch Schuldtitel von Unternehmen wie Enel und Snam, die zum Teil im Staatsbesitz sind, als kauffähig zu...

Finger weg

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat entschieden, im Zuge des breit angelegten Anleihekaufprogramms Quantitative Easing (QE) künftig auch Schuldtitel von Unternehmen wie Enel und Snam, die zum Teil im Staatsbesitz sind, als kauffähig zu betrachten. Dieser Beschluss kommt reichlich überraschend. Vor allem aber ist er Besorgnis erregend: Die EZB sollte nicht auch noch in großem Stil am Markt für Firmenbonds intervenieren. Nicht zuletzt fehlt den Notenbankern schlicht die nötige Kompetenz – und es braucht nun wahrlich auch nicht noch einen durch QE manipulierten Markt.Formal mag die Entscheidung, die Liste der zulässigen Emittenten um 13 öffentliche Infrastruktur- und Energieunternehmen zu erweitern, durch die Beschlüsse des EZB-Rats gedeckt sein. Dass der Beschluss so viele Beobachter überrascht hat, belegt aber eine teils diffuse Begrifflichkeit in den entsprechenden QE-Dokumenten. Transparenz – und die hat sich die EZB ja selbst auf die Fahnen geschrieben – sieht jedenfalls anders aus.Ökonomisch bzw. markttechnisch mag die Erweiterung zudem kaum eine Rolle spielen. Die DZ Bank taxierte das ankaufbare Nominalvolumen gestern auf maximal 20 Mrd. Euro. Im Vergleich zum gesamten Volumen des Programms von aktuell 1,14 Bill. Euro bis September 2016 erscheint das manchem eher wie Peanuts.Und dennoch sollte die Entscheidung alarmieren, die im Schatten des Beschlusses, den griechischen Banken weiter die lebenswichtigen Notfallkredite ELA zu gewähren, zunächst fast unterging: Die Tür für eine Ausweitung des QE-Programms auf den Markt für Unternehmensanleihen ist damit noch etwas offener. Aktuell scheint es da im EZB-Rat zwar keine große Bestrebungen zu geben. Dennoch gilt es, den Anfängen zu wehren.Mit dem Einstieg in den Unternehmensanleihemarkt würden sich die Notenbanker noch tiefer in das wirtschaftliche Mikromanagement einschalten und für große Wettbewerbsverzerrungen sorgen. Welche Firma und welches Projekt verdient es, gekauft zu werden? Solche Entscheidungen sind nicht Aufgabe der Notenbanker. Dafür fehlt ihnen auch die Expertise.Hinzu kommt, dass der Markt für Firmenbonds schon jetzt Übertreibungen zeigt. Investoren gehen auf der Jagd nach Rendite teils enorme Risiken ein. Die Bundesbank hat den Markt in ihrem jüngsten Finanzstabilitätsbericht explizit als Problem gebrandmarkt. Die EZB sollte die Lage nicht noch verschärfen.Und schließlich würde die Notenbank noch auf einem weiteren Markt die normalen Gesetzmäßigkeiten aushebeln – so wie bereits beim Geld-, dem ABS- und auch dem Staatsanleihemarkt, der an den Lippen der Notenbanker hängt. Das ist ganz sicher keine gesunde Entwicklung.Nach wie vor sind grundsätzlich Zweifel angebracht, ob QE nötig war. Und die Sorge, dass die Kosten den Nutzen überwiegen, ist mehr als berechtigt. Auf jeden Fall aber sollte die EZB jetzt nicht noch alles schlimmer machen. Deswegen gilt: Finger weg von Firmenbonds.