Fitch stuft die Bonität Italiens auf "BBB-" herab

Eine Stufe über Ramschniveau - Südtirol und andere Regionen gehen eigene Wege - Angst vor neuer Welle

Fitch stuft die Bonität Italiens auf "BBB-" herab

bl Mailand – Die Ratingagentur Fitch hat überraschend die Bonitätsnote für Italien von “BBB” auf “BBB -” gesenkt. Das ist eine Stufe über dem Ramschanleihenniveau. Eigentlich wollte Fitch die neue Bewertung erst am 10. Juli vorlegen. Das Vorziehen wurde mit den “fundamentalen Änderungen” der Rahmenbedingungen begründet. Vor wenigen Tagen hatte Standard & Poor’s das Rating von zwei Stufen unter dem Ramschniveau bestätigt. Moody’s will sich am 8. Mai äußern.Fitch erwartet für 2020 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 8 %. Die Verschuldung steige von 134,8 % (2019) auf 156 % des BIP. Große Risiken werden für die Banken gesehen, vor allem durch Kreditausfälle. Fitch hält die Schuldentragfähigkeit Italiens für stark bedroht und glaubt nicht, dass Rom in den Folgejahren die Schulden reduzieren kann. Auch die Niedrigzinsphase der letzten Jahre sei nicht für den Abbau der Schulden und Reformen genutzt worden.Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri zeigte sich überrascht und erklärte, das Land sei stabil. Er verwies auf Hilfsmaßnahmen der EU und das Aufkaufprogramm der Europäischen Zentralbank für Anleihen. Die Märkte reagierten ruhig. Der Mailänder Aktienmarkt lag im Plus, der Spread zwischen deutschen und italienischen Staatsanleihen blieb stabil bei um die 228 Basispunkte.Unterdessen verschärfen sich die Auseinandersetzungen über die Lockerung der Ausgangsbeschränkungen und die Wiederaufnahme des Wirtschaftslebens. Die in sich gespaltene rechte Opposition kritisierte eine “zu vorsichtige Öffnung”. Ex-Premierminister Matteo Renzi, dessen Kleinpartei Italia Viva Teil der Regierung ist, forderte mehr Autonomie der Regionen. Venetien, wo die Infektionszahlen stark rückläufig sind, und einige süditalienische Regionen dringen auf frühere Öffnungen. Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher kündigte ein eigenes Landesgesetz an. “Wir werden einen eigenen Weg gehen”, so Kompatscher, der trotz Differenzen auf eine Einigung mit der Zentralregierung hofft. Angesichts deutlich sinkender Infektionszahlen in der Region strebt er eine “frühzeitige Wiederaufnahme bestimmter wirtschaftlicher Aktivitäten”, vor allem die Öffnung von Geschäften, an. Das Trentino plant ähnliche Regelungen.Die Kritik, dass Premierminister Giuseppe Conte neue Maßnahmen mit Notverordnungen und unter Umgehung des Parlaments durchpeitscht, wächst. Conte rechtfertigte seinen nur vorsichtigen Öffnungskurs mit dem “hohen Risiko”. Nach diversen Szenarien droht bei einer zu frühzeitigen und zu weitgehenden Öffnung ein Anstieg der Patienten in Intensivtherapie auf bis zu 430 000 Fälle. Die Zahl der Neuinfektionen und Todesfälle ist zuletzt gestiegen. Unterstützung erhielt Conte von Vittorio Colao, Chef der Taskforce, die den Großteil der Vorschläge für die graduelle Öffnung erarbeitet hat.