Fitch stuft Kreditwürdigkeit der USA herab
Fitch entzieht den USA ihr Top-Rating
Downgrade der Vereinigten Staaten weckt Sorgen um Stabilität des Treasury-Markts – Yellen kritisiert Herabstufung scharf
xaw New York
Im 25 Bill. Dollar schweren Treasury-Markt erklingt ein eindringliches Warnsignal: Die Ratingagentur Fitch hat die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten von der Top-Note “AAA” auf “AA+” gesenkt. Marktteilnehmer befürchten nun, dass das Segment der US-Staatsanleihen seinen Status als sicherer Hafen einbüßen könnte.
Zuletzt hatte mit Standard & Poor’s 2011 eine große Ratingagentur die Bonität der Vereinigten Staaten herabgestuft und damit einen Ausverkauf an der Wall Street ausgelöst. Damals wie heute ging dem Schritt ein harter politischer Konflikt über die Staatsfinanzen voraus. In der ersten Hälfte des laufenden Jahres rang die demokratische Regierung um Präsident Joe Biden mit republikanischen Vertretern im Kongress um eine Anhebung der Schuldenobergrenze. Fitch drohte bereits in diesem Zuge mit einer Herabstufung – mit Moody’s hält nun noch eine der drei großen Ratingagenturen an ihrer Top-Bonitätsnote für die USA fest.
Untergrabenes Vertrauen
Ende Mai einigten sich die Streitparteien in Washington, Anfang Juni unterzeichnete Biden das Gesetz, mit dem das “Debt Ceiling” von zuvor 31,4 Bill. Dollar bis 2025 aufgehoben und der gefürchtete Default abgewendet wurde. Wie 2011, als sich Republikaner und Demokraten unter Ex-Präsident Barack Obama in letzter Minute auf einen Budget-Deal einigten, herrscht nach dem Kompromiss auch in diesem Jahr Unsicherheit. Fitch teilte mit, die Herabstufung reflektiere die “Erosion des staatlichen Ordnungsrahmens” der USA in den vergangenen beiden Jahrzehnten. Die wiederholten Konflikte um das Schuldenlimit und unter Druck zustande gekommene Notlösungen hätten “das Vertrauen in das fiskalische Management untergraben”.
Der Budget-Deal enthält von republikanischer Seite geforderte Beschränkungen der Staatsausgaben. Fitch geht dennoch davon aus, dass das gesamtstaatliche Defizit 2023 auf 6,3% des Bruttoinlandsprodukts der USA steigen wird, 2022 lag der Wert noch bei 3,7%. Neben neuen Ausgabeninitiativen führt die Ratingagentur schwächere zyklische Einnahmen des Staates sowie eine höhere Zinsbelastung als Gründe für ihre Prognose an. Die US-Wirtschaft werde im weiteren Jahresverlauf in eine Rezession rutschen.
Regierung wehrt sich
US-Finanzministerin Janet Yellen kritisierte das Downgrade scharf. Der Schritt sei “willkürlich und basiert auf veralteten Daten”. Das quantitative Rating-Modell von Fitch habe zwischen 2018 und 2020 eine merkliche Verschlechterung angezeigt und doch kündige die Agentur die Herabstufung erst jetzt an, da viele der Basisindikatoren sich bereits verbessert hätten. Präsident Biden und Yellen seien “der fiskalischen Nachhaltigkeit verpflichtet”. Der Schritt von Fitch ändere nichts daran, dass Treasuries die herausragenden sicheren und liquiden Assets an den globalen Finanzmärkten seien.
Allerdings warnen auch andere Analysten vor den mittelfristigen Effekten des abgeschlossenen Schuldenstreits in Washington. Denn nachdem sich die USA über Monate kein Geld über neue Wertpapiere leihen konnten, holen sie diese Emissionen nun nach. In der zweiten Jahreshälfte dürfte das Finanzministerium laut der Großbank J.P. Morgan Schatzwechsel im Volumen von mehr als 1 Bill. Dollar begeben, davon allein 850 Mrd. Dollar zwischen Juni und Ende September.
Sorge vor Emissionsflut
Doch ein solches Neuvolumen an T-Bills binnen so kurzer Zeit droht die Marktteilnehmer zu überfordern. Zwar sind zahlreiche Banken verpflichtet, sich als Primärhändler an Staatsanleiheauktionen zu beteiligen. Doch die Stimmung im Finanzsektor ist nach den Zusammenbrüchen dreier regionaler Finanzinstitute im laufenden Jahr angespannt. Zudem sorgen Pläne für härtere Kapitalvorgaben, die Regulatoren in der vergangenen Woche offiziell vorgestellt haben, für Nervosität.
Zuletzt haben die Vereinigten Staaten ein- und zweimonatige Staatsanleihen noch recht problemlos am Markt platzieren können, die Treasury ist aber auf Unterstützung von Geldmarktfonds angewiesen. Denn diese Vehikel sitzen laut dem Branchenverband ICI auf Assets im Rekordvolumen von nahezu 5,5 Bill. Dollar. Insbesondere die restriktive Geldpolitik beschert den Vehikeln Zulauf, da diese die Renditen kurzlaufender Staatsanleihen kräftig angeschoben hat. Die Verzinsung des dreimonatigen Schatzwechsels schwankte Anfang März des vergangenen Jahres zwischen 0,3 und 0,4%, zuletzt lag sie oberhalb von 5,4%.
Steigende Renditen
Damit sind auch die Renditen von Geldmarktfonds gestiegen, die bedeutende Teile ihrer Assets in die als hoch sicher geltende Übernacht-Reverse-Repo-Fazilität der Fed stecken. Die durchschnittlichen Zinssätze liegen dort annualisiert bei 5,30%. Um Geldmarktfonds anlocken zu können, muss die Treasury bei anstehenden T-Bill-Auktionen laut Analysten höhere Verzinsungen bieten. Auch Yellen warnte in der Vergangenheit vor den Risiken zu hoher Finanzierungskosten des Staates. Derweil erhöhen die USA auch das Emissionsvolumen länger laufender Staatsanleihen. Bei der vierteljährlichen Auktion drei-, zehn- und dreißigjähriger Titel in der kommenden Woche wollen sie 103 Mrd. Dollar aufnehmen.
Zwar gehen Ökonomen davon aus, dass Investoren in schwierigen Marktphasen auch künftig den Treasury-Hafen ansteuern dürften. Doch das Vertrauen in dessen Sicherheit nehme schrittweise ab. Zögen die Treasury-Renditen wie zuletzt unter steigender Volatilität weiter an, sei dies ein schlechtes Zeichen für die Stabilität der internationalen Finanzmärkte.
Auch nach dem Ende des Schuldenstreits in Washington reißen die Sorgen um die fiskalische Nachhaltigkeit in den USA nicht ab. Die Agentur Fitch hat den Vereinigten Staaten nun ihr Spitzen-Rating entzogen. Investoren fürchten, dass der Treasury-Markt seine Funktion als sicherer Anlagehafen verliert.