Konjunktur Frankreich

Frankreich verfehlt 2023 sein Defizitziel

Wirtschaftsminister Le Maire hat zugegeben, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone 2023 das Defizitziel verpasst hat. Er stimmt deshalb die Bevölkerung auf zusätzliche Einsparungen ein.

Frankreich verfehlt 2023 sein Defizitziel

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Frankreich verfehlt sein Defizitziel

Um das Defizitziel für 2024 noch zu erreichen, sind zusätzliche Einsparungen notwendig

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Von Gesche Wüpper, Paris

Frankreich wird das von der Regierung für 2023 ausgerufene Defizitziel deutlich verfehlen. Das Defizit werde signifikant höher als die anvisierten 4,9% ausfallen, kündigte Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire in einem Interview mit „Le Monde“ an. Grund seien geringere Steuereinnahmen.

Keine konkrete Zahl

Eine konkrete Zahl für das Defizit nannte Le Maire nicht. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums soll sie im Laufe des März veröffentlicht werden. Le Maire und Haushaltsminister Thomas Cazenave sollen den Finanzausschüssen der Nationalversammlung und des Senats Rede und Antwort stehen.

Frankreichs Wirtschaftsminister hat erst Ende Februar die Wachstumsprognose für 2024 von 1,4% auf 1,0% gesenkt. Bislang hält Le Maire an seinem Ziel fest, das Defizit 2024 auf 4,4% zu senken. Er muss Brüssel noch vor den Europawahlen Anfang Juni mitteilen, wie Frankreich das Haushaltsdefizit bis 2027 auf unter 3% reduzieren will.

Defizit 2023 dürfte knapp über 5 Prozent liegen

Er gehe davon aus, dass das von Le Maire verwendete Wort signifikativ mindestens 0,2 Punkte bedeutet, sagte Oddo-BHF-Chefökonom Bruno Cavalier auf Anfrage. Danach läge das 2023er Defizit bei 5,1%, maximal 5,2%. Cavalier war bereits in einer vorige Woche veröffentlichten Studie davon ausgegangen, dass das Haushaltsdefizit 2023 höher als geplant ausfallen werde. Nach Angaben der Schatzkammer habe das Staatsdefizit voriges Jahr 173 Mrd. Euro betragen, 8 Mrd. Euro mehr als im ursprünglichen Haushaltsgesetz vorgesehen, schrieb er. Cavalier hält auch die gesenkte Wachstumsprognose für dieses Jahr noch für zu hoch.

Wirtschaftsminister Le Maire hat bereits zusätzliche Einsparungen über 10 Mrd. Euro angekündigt. Das sei nur ein erster Schritt, sagte er jetzt. Es handele sich dabei um eine Notbremse angesichts des 2023 höher als geplant ausgefallenen Haushaltsdefizits.

Einsparungen bei Sozialleistungen möglich

Es sei legitim, dass der Staat mit gutem Beispiel vorangehe, aber man könne keine ausgeglichenen öffentlichen Finanzen erreichen, ohne an die Sozialausgaben zu gehen. Deshalb müsse es nach diesem ersten Schritt weitere Etappen geben, meint Le Maire. Eine zweite könnte ein Nachtragshaushalt im Sommer sein, eine dritte der Haushaltsentwurf für 2025. Darin müsse es Einsparungen über mindestens 12 Mrd. Euro geben.

Die Verfehlung des Defizits 2023 impliziere, dass Mitte des Jahres eine Haushaltskorrektur notwendig sei, um das Defizitziel von 4,4% in diesem Jahr einhalten zu können, meint Oddo-BHF-Chefökonom Cavalier. Da es bei den bereits angekündigten Einsparungen um die Staatssphäre geht, rechnet er damit, dass sie dann soziale Transferleistungen betreffen.

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