Frankreich verschiebt Defizitziel
Frankreichs Wirtschaftsminister Moscovici will das Defizit erst 2014 unter 3 % senken, um eine Rezession zu vermeiden. Der mittelfristige Haushaltsplan, den er jetzt präsentierte, sieht vor, 2014 die Ausgaben um 14 Mrd. Euro zu senken und die Abgaben um 6 Mrd. Euro zu erhöhen.wü Paris – Frankreich hat nun auch offiziell eingeräumt, dass es das Defizitziel wegen des schwächelnden Wachstums der Wirtschaft um ein Jahr verschieben will. Statt 2013, wie ursprünglich versprochen, will die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone ihr Defizit nun erst 2014 unter 3 % senken. Das geht aus dem mittelfristigen Haushaltsprogramm 2013 bis 2017 hervor, das Wirtschaftsminister Pierre Moscovici gestern dem Kabinett vorstellte. Moscovici hatte bereits vor anderthalb Wochen die Wachstumsprognose für 2013 von 0,8 auf 0,1 % gesenkt und angekündigt, dass das Defizit deshalb bei 3,7 % liegen dürfte. Allerdings sind sowohl der Internationale Währungsfonds (IWF) als auch die 20 Ökonomen, deren Prognosen Consensus Forecast berücksichtigt, weniger optimistisch. Sie erwarten, dass Frankreichs Wirtschaft in diesem Jahr um 0,1 % schrumpft. Der neue Rat für öffentliche Finanzen schließt einen leichten Rückgang ebenfalls nicht aus.Moscovici beharrte jedoch erneut darauf, dass Frankreich an seinen Bemühungen festhalte, das Defizit zu senken. Aber der Versuch, das Defizitziel von 3 % bereits in diesem Jahr zu realisieren, würde zu einer Rezession mit schweren Folgen für den Arbeitsmarkt und Unternehmen führen, sagte er in einem Interview mit der Tageszeitung “Le Monde”. Deshalb habe man das Ziel verschoben. “Die Lösung dieser Krise ist nicht Austerität, sondern Glaubwürdigkeit und Nachhaltigkeit”, erklärte Präsident François Hollande während einer Veranstaltung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).Frankreich hat bereits im vergangenen Jahr sein selbst gestecktes Ziel verfehlt, das Defizit auf 4,5 % zu senken. Es betrug 4,8 % und soll nun bis Ende 2014 auf 2,9 %, 2017 dann auf 0,7 % reduziert werden. Das mittelfristige Stabilitätsprogramm, das Moscovici bis Ende des Monats auch der EU-Kommission in Brüssel vorlegen will, sieht für das kommende Jahr Maßnahmen zur Defizitbekämpfung im Umfang von 20 Mrd. Euro vor. So sollen bei den Staatsausgaben, der Sozialversicherung, den Gebietskörperschaften und dem Kindergeld 14 Mrd. Euro eingespart werden. Dazu sollen Abgaben- und Steuererhöhungen im Umfang von insgesamt 6 Mrd. Euro kommen. Neben der bereits beschlossenen Erhöhung der Mehrwertsteuer von 19,6 % auf 20 % sollen Steuernischen geschlossen werden.Unternehmen könnten ebenfalls zur Kasse gebeten werden, heißt es in Paris. Wie aus dem Haushaltsprogramm hervorgeht, dürfte der Schuldenstand Frankreichs nächstes Jahr auf 94,3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ansteigen und erst ab 2015 sinken.Für Moscovici hagelte es von Seiten der konservative n Opposition Kritik. Die geplanten Einsparungen würden nicht genau erklärt, sodass man sich keine Meinung bilden könne, ob sie plausibel seien, bemängelte Philippe Marini von der UMP, der im Senat die Finanzkommission leitet. Angesichts der schwächelnden Konjunktur sei es fraglich, ob das Defizitziel von 2,9 % im kommenden Jahr eingehalten werden könne, meint der UMP-Abgeordnete Gilles Carrez. Viele Ökonomen halten nämlich auch die Wachstumsprognose der sozialistischen Regierung von 1,2 % für 2014 für zu optimistisch. Der IWF beispielsweise erwartet nur ein Plus von 0,9 %. Moscovici beharrte jedoch am Mittwoch darauf, dass seine Prognosen realistisch seien.