Haushaltspolitik

Frankreich will sich mit Defizitabbau Zeit lassen

Frankreichs Wirtschaftsminister will vermeiden, mit einer strengen Haushaltspolitik die erhoffte wirtschaftliche Erholung abzuwürgen. Statt auf Steuererhöhungen setzt er auf eine Deckelung des Anstiegs der Ausgaben.

Frankreich will sich mit Defizitabbau Zeit lassen

wü Paris

Frankreich will sich Zeit lassen, seine von der Pandemie gebeutelten Staatsfinanzen wieder in Ordnung zu bringen. Um sicherzugehen, dass die wirtschaftliche Erholung nicht durch Sparmaßnahmen abgewürgt wird, sieht ein auf mehrere Jahre angelegtes Haushaltsprogramm vor, dass das Haushaltsdefizit erst 2027 wieder unter der Maastrichter Obergrenze von 3% liegen soll.

„Wir dürfen nicht den Fehler von 2009 machen, als wir versucht haben, die öffentlichen Finanzen sofort wieder zu reparieren“, sagte Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire dem Sender Sud Radio. „Wir müssen dies im richtigen Moment tun, um das Wachstum nicht zu ersticken.“ Le Maire plädiert deshalb für ein progressives Vorgehen in Etappen. So soll nach einer Phase, in der die Regierung versucht, die Wirtschaft zu schützen, der Wiederaufschwung und erst danach die Haushaltskonsolidierung kommen.

Die neuen Prognosen, die die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone der EU-Kommission im Laufe dieses Monats vorlegen will, gehen davon aus, dass das Defizit in diesem Jahr 9% betragen wird, nachdem es 2020 auf 9,2% gestiegen war, den höchsten Wert seit 1949. Ab nächstem Jahr dann, wenn die Präsidentschaftswahlen anstehen, soll das Defizit schrittweise gesenkt werden. Zunächst auf 5,3%, danach 2023 auf 4,4%, 2024 auf 3,9%, 2025 auf 3,5% und 2026 auf 3,2%. 2027 schließlich soll es 2,8% betragen, so der Plan.

Bruno Le Maire hat bereits versprochen, keine Steuererhöhungen vorzunehmen. Immerhin wirbt die Regierung gerne damit, während der Amtszeit von Präsident Emmanuel Macron Steuererleichterungen in Höhe von 50 Mrd. Euro für Haushalte und Unternehmen beschlossen zu haben. Während sich die USA und Großbritannien gerade anschicken, die Körperschaftsteuer zu erhöhen, geht Frankreich den umgekehrten Weg. Wie von Macron während des letzten Präsidentschaftswahlkampfes 2017 versprochen, ist Paris dabei, die Körperschaftsteuer bis 2022 von derzeit 33% auf 25% zu senken. Im Rahmen des Haushaltsgesetzes wurde zudem gerade eine Senkung der Produktionsabgaben um 10 Mrd. Euro jährlich beschlossen.

Um das Defizit 2027 wieder unter 3% drücken zu können, schlägt Wirtschaftsminister Le Maire nun zwar keine Senkung der Ausgaben vor, aber eine Deckelung ihres Anstiegs auf 0,7% pro Jahr. Damit das gelingt, plädiert Haushaltsminister Olivier Dussopt dafür, dieses Ziel in einer mehrjährigen Ausgabenvorschrift mit verfassungsrechtlichem Charakter festzulegen. Laut Wirtschaftsministerium sind die Ausgaben in den Jahren 2000 bis 2008 im Schnitt um 2% jährlich gestiegen, 2008 bis 2012 um 1,4% und seitdem um 1%.