Frankreichs Premier warnt vor weiterem Rechtsruck
dpa-afx Berlin – Der französische Premierminister Manuel Valls hat nach dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA vor einem Vormarsch der extremen Rechten sowie einem Zerfall Europas gewarnt. “Europa kann sterben”, sagte der Sozialist am Donnerstag in Berlin auf dem Wirtschaftsgipfel der “Süddeutschen Zeitung”. In Europa nehme der Egoismus zu, und es fehle an Projekten. Die europäischen Staats- und Regierungschefs müssten die Ärmel hochkrempeln. Valls forderte Deutschland auf, mehr zu investieren und sich angesichts der Alterung der Gesellschaft für die Zukunft zu rüsten.Trumps Wahl zum neuen US-Präsidenten habe gezeigt: “Es ist möglich.” Man sollte aufpassen und sich nicht der alten Vorstellung hingeben, dass Trump im Amt schon weise werde und bestimmte Pläne nicht umsetze. Mit Blick auf die Präsidentenwahlen und die hohen Umfragewerte für die Rechtspopulistin Marine Le Pen vom Front National sagte Valls, natürlich bestehe auch in Frankreich eine Gefahr. Das politische Gleichgewicht sei nicht nur in Frankreich bedroht. Valls verwies darauf, dass sein Land fünftgrößte Macht der Welt, zweitgrößte Volkswirtschaft in Europa und ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat sei und auch Nuklearwaffen besitze.Die europäischen Führungen müssten ihre kalte und technokratische Sprache und Gleichgültigkeit gegenüber den Menschen ablegen. Auf Wut und Ängste müsse reagiert werden, ohne einfache Antworten zu geben. “Wir müssen die Dinge mutig beim Namen nennen”, forderte Valls. In der Zeit der Globalisierung dürfe dies weder selbstgefällig noch naiv sein. Globalisierung nütze der Wirtschaft, sie tue aber der Mittelschicht und einfachen Menschen weh. Die Bevölkerung erwarte hier Lösungen. Deutschland und Frankreich komme dabei eine “ungeheure Verantwortung” zu. Das deutsch-französische Tandem müsse Vorbild sein. Beide Länder müssten aber auch eine ehrliche Debatte führen.Frankreich halte seine Verpflichtungen ein, habe aber Erwartungen an Deutschland. Die Bundesrepublik habe die Möglichkeit zu zusätzlichen Investitionen, sagte Valls mit Blick auf die Überschüsse im Haushalt und in der Handelsbilanz: “Das liegt auch in seinem eigenen Interesse.” Es reiche nicht, Arbeitskosten und Schulden zu senken. Europa müsse in der Lage sein, sich zu verschulden. Dazu gebe es Möglichkeiten. Neuer Ansatz für FreihandelMit Blick auf das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA sprach sich Valls für einen anderen Ansatz aus. “Wir brauchen eine neue Vision des Freihandels.” Es gehe auch um Gegenseitigkeit. Frankreich und Deutschland sollten den EU-Partnern einen neuen Ansatz vorschlagen, der für alle künftige Handelsabkommen gelten sollte. Auch müsse Europa strategische Sektoren wie die Stahlindustrie schützen. Frankreich und Deutschland sollten neue Schutzinstrumente vorschlagen.