Finanzpolitik

Frankreichs Regierung wegen Finanzplanung unter Druck

Die Regierung von Elisabeth Borne steht unter Druck, den Gesetzentwurf für die Finanzplanung bis 2027 auf den Weg zu bringen, da daran die nächsten Tranchen aus dem europäischen Wiederaufbaufonds zu erhalten. Mangels absoluter Mehrheit der Regierungspartei ist sie damit schon einmal am Parlament gescheitert.

Frankreichs Regierung wegen Finanzplanung unter Druck

Frankreichs Regierung wegen Finanzplanung unter Druck

Parlament hat einmal abgelehnt – Verabschiedung Bedingung für Auszahlung weiterer Tranchen aus EU-Aufbaufonds

wü Paris

Frankreichs Regierung bereitet mit voller Kraft die Rentrée vor, die Zeit nach der Sommerpause. Sie steht unter Druck, dann so schnell wie möglich den Gesetzentwurf für die Finanzplanung 2023 bis 2027 mit detaillierten Vorgaben für den Defizit- und Schuldenabbau für jedes Jahr auf den Weg zu bringen, das sogenannte "loi de programmation sur les finances publiques" (LPFP). Das ist eine der Bedingungen, an die die Zahlung der nächsten Tranchen der für Frankreich vorgesehenen Hilfen aus dem europäischen Wiederaufbaufonds geknüpft ist. Die EU hat der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone insgesamt fast 40 Mrd. Euro an Hilfen genehmigt, wovon jedoch bisher nur knapp 13 Mrd. Euro an Paris ausgezahlt worden sind.

Eigentlich kein Problem, den Gesetzentwurf verabschieden zu lassen, sollte man meinen. Doch die Regierungspartei Renaissance hat bei den Parlamentswahlen im Juni letzten Jahres die absolute Mehrheit verloren. Sie ist deshalb bei ihrem ersten Versuch, die Finanzplanung bis 2027 durch das Parlament zu bringen, Ende 2022 gescheitert. Wegen der Proteste gegen die Rentenreform in den ersten Monaten dieses Jahres hat sie einen neuen Anlauf dann mehrfach verschoben.

Weil der Gesetzentwurf nicht verabschiedet wurde, sei die Zahlung einer eigentlich für diesen Sommer vorgesehenen Tranche über 11 Mrd. Euro von Brüssel suspendiert worden, erklärt der Renaissance-Abgeordnete und Haushaltsberichterstatter Jean-René Cazeneuve. Werde die Finanzplanung jetzt nicht endlich verabschiedet, könnte die EU dasselbe auch mit einer für Ende des Jahres geplanten Zahlung weiterer 8 Mrd. Euro tun, warnt er. "Ich appelliere an das Verantwortungsbewusstsein der Opposition", sagte er der Wirtschaftszeitung "Les Echos". "Man muss das politische Kalkül überwinden, denn es könnte Frankreich teuer zu stehen kommen."

Es geht jedoch auch um die haushaltspolitische Glaubwürdigkeit, da sich die Finanzierungskosten Frankreichs an den Märkten verteuert haben. Um den Gesetzentwurf für die Finanzplanung 2023 bis 2027 nun wie erhofft verabschieden zu können, könnte die Regierung von Elisabeth Borne erneut gezwungen sein, auf Artikel 49.3 der Verfassung zurückzugreifen, um so das Parlament zu umgehen. Denn Beobachter halten es für illusorisch, dass die Abgeordneten des Linksbündnisses Nupes, dem neben den Linkspopulisten von La France Insoumise Sozialisten, Grüne und Kommunisten angehören, für eine Reduzierung des Defizits bis 2027 auf 2,7% zustimmen werden, da dies der Kürzung öffentlicher Ausgaben gleichkommt. Den konservativen Republikanern wiederum ist der Gesetzentwurf nicht ehrgeizig genug.

Die Regierung sei offen für Kompromisse, wenn die Opposition dokumentierte Vorschläge für Einsparungen mache, heißt es im Umfeld von Wirtschaftsminister Bruno Le Maire. Er will in den nächsten Tagen Vertreter der Oppositionsparteien zu Gesprächen empfangen und dabei nicht nur über die Finanzplanung bis 2027 sprechen, sondern auch über den Haushaltsentwurf 2024, den er Ende September zusammen mit Budgetminister Thomas Cazenave vorstellen will.

Le Maire will der Nationalversammlung den mit neuesten Prognosen aktualisierten LPFP-Gesetzentwurf am 20. September vorlegen. Die Regierung hat für die Debatte darüber die letzten zwei Septemberwochen vorgesehen. Erneut auf Artikel 49.3 der Verfassung zurückzugreifen und das Parlament zu umgehen, ist jedoch nicht ohne Risiko. Denn bei Gesetzesentwürfen, die nicht den Haushalt betreffen, darf sie das nur einmal pro Legislaturperiode tun.

Das LPFP gilt jedoch nicht als Haushaltsgesetz, für das der Artikel 49.3 beliebig oft angewendet werden darf. Zudem kann die Opposition jedes Mal, wenn die Regierung Artikel 49.3 nutzt, einen Misstrauensantrag stellen. Seit dem Amtsantritt von Premierministerin Borne hat ihre Regierung bereits elfmal auf Artikel 49.3 der Verfassung zurückgegriffen und sich damit heftige Kritik eingehandelt.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.