Fred Goodwin 60
Von Benjamin Triebe, LondonDas US-amerikanische Justizministerium hat offensichtlich keinen Sinn für Ironie, sonst hätte es noch ein paar Tage gewartet. Doch es war am Dienstag, als das Department of Justice eine Rekordstrafe für die Royal Bank of Scotland (RBS) bestätigte. Auf eine Zahlung von 4,9 Mrd. Dollar hat es sich mit dem britischen Institut geeinigt, das Investoren über Risiken bei faulen US-Hypothekarwertpapieren getäuscht und so zur Entstehung der globalen Finanzkrise vor rund einem Jahrzehnt beigetragen haben soll. Etwas später wäre die Einigung ein zwiespältiges Geschenk gewesen für jenen Mann, der die Hauptverantwortung für das Debakel der RBS trägt: Fred Goodwin, Chief Executive Officer von 2001 bis Januar 2009, feiert am heutigen Freitag seinen 60. Geburtstag. Fred Goodwin machte die RBS zuerst zur gemessen an den Vermögenswerten weltgrößten Bank und dann zum größten britischen Problemfall. Der Sohn eines schottischen Elektrikers genoss keine Ausbildung an einer Eliteuniversität wie Oxford oder Cambridge, auch keine Banklehre. Er begann als Buchhalter, und die Buchprüfung führte ihn 1995 über Umwege ins Bankgeschäft. Schon drei Jahre später kam er als stellvertretender CEO zur RBS, die damals nur im Vereinigten Königreich eine nennenswerte Rolle spielte. Das ist heute wieder so. Dazwischen lagen Goodwins Wechsel auf den Chefsessel, eine durch internationale Zukäufe getriebene Expansion und die Verleihung der Ritterehre an Goodwin im Jahr 2004 wegen seiner “Verdienste für das Bankgewerbe”. Die Aberkennung des Rittertitels folgte 2012 – eine für britische Verhältnisse bemerkenswerte Ohrfeige. Zu Goodwins Verdiensten zählte eben auch, dass sich die RBS mit dem Kauf von Teilen des niederländischen Finanzinstituts ABN Amro im Jahr 2007 so übernahm, dass sie gerettet und verstaatlicht werden musste, als sich eine Liquiditätskrise in der Bankenwelt entwickelte. Der britische Staat hält heute noch 62 % der Aktien. Erst seit der Beilegung des Streits mit der US-Justiz darf London hoffen, sich zurückziehen zu können. Die Auszahlung einer Interimsdividende im Oktober, die erste Ausschüttung seit 2008, ist ein weiterer Schritt der Normalisierung. Goodwin braucht die Dividende nicht. Dass er in der Öffentlichkeit als Prototyp des bösen Bankers gilt, hat er auch seinen Bezügen zu verdanken. Das RBS-Pensionsschema sicherte ihm bei seinem Abtritt sofortige großzügige Ansprüche. Ihm standen rund 700 000 Pfund pro Jahr zu – eine Summe, die er nach öffentlichem Protest auf etwa 340 000 Pfund reduzierte. Das half seiner Reputation wenig angesichts einer knapp 46 Mrd. Pfund teuren Bankenrettung und seines Rufs als Manager, der immer ohne Rücksicht die Kosten drückte. Seit 2009 zeigt sich der Vater zweier Kinder, der angeblich getrennt von seiner Ehefrau lebt, kaum in der Öffentlichkeit. 2010 arbeitete er für weniger als ein Jahr als Berater einer Architekturfirma und soll später in einer abgeriegelten Siedlung in Südfrankreich gelebt haben. Dann kehrte er nach Edinburgh zurück, wo ihn im vergangenen Sommer das Boulevardblatt “Daily Mail” auf einem Golfplatz aufspürte. Damals sollte Goodwin zurück ins Rampenlicht treten, weil tausende RBS-Aktionäre einen Prozess gegen ihn angestrengt hatten. Doch das Verfahren wurde noch vor seiner Befragung eingestellt, weil sich die meisten Anteilseigner direkt mit der Bank einigten.