Fünf-Punkte-Plan für die Chemieindustrie
Bei einem Chemiegipfel im Bundeskanzleramt haben sich Vertreter der Unternehmen, Sozialpartner und der Bundesregierung auf einen Fünf-Punkte-Plan verständigt, der die Rahmenbedingungen für die Branche verbessern soll. Dabei wurden zwar zahlreiche Maßnahmen zur Sicherung einer "wettbewerbsfähigen Energie- und Rohstoffversorgung" ganz nach oben auf die Liste gesetzt. Eine Einigung auf einen subventionierten Industriestrompreis, den die energieintensive Chemiebranche im Vorfeld des Treffens in Berlin vehement gefordert hatte, blieb allerdings aus.
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) beurteilte die Gipfelergebnisse dementsprechend "mit gemischten Gefühlen". Verbandspräsident Markus Steilemann sprach zwar von guten Ansätzen, die diskutiert worden seien, stellte zugleich aber auch klar: "Die Hoffnungen der Industrie auf kurzfristige, beherzte und vor allem wirksame Maßnahmen im Kampf gegen die Standortkrise haben sich nur teilweise erfüllt." Die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Julia Klöckner, kritisierte, der Gipfel sei eine vertane Chance gewesen.
Die Bundesregierung erklärte im Nachgang des Gipfels, sie sei sich der Bedeutung wettbewerbsfähiger Strom- und Energiepreise auch für die chemische Industrie bewusst. Man befinde sich in Gesprächen mit dem Parlament über Vorschläge, wie die Stromversorgung so ausgestaltet werden könne, dass Strompreise stabilisiert und damit die Planungssicherheit verbessert werden könne. Die Bundesregierung verwies zugleich darauf, sie werde sich auf EU-Ebene für ein effizientes Strommarktdesign einsetzen. Inhaltliche Details zu beiden Punkten wurden nicht genannt. Versprochen wurde der Branche aber, dass der Ausbau des Wasserstoffnetzes beschleunigt werde und die sogenannten Eigenverbrauchsprivilegien erweitert würden. Damit wird es für die Unternehmen leichter, eigene Stromversorgungsanlagen zu nutzen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zu dem Gipfel eingeladen, weil die Branche angesichts der hohen Energiepreise bei gleichzeitigen Transformationsprozessen zunehmend mit einer Verlagerung der Produktion ins Ausland droht.
Branche soll gehalten werden
Die Bundesregierung stellte nach dem Spitzengespräch noch einmal klar: "Die chemische Industrie ist Basis vieler industrieller Wertschöpfungsketten in Deutschland, ist Impulsgeberin für Innovationen und essenziell für eine erfolgreiche Transformation der Industrie." Man wolle, dass es auch künftig einen Mix aus global erfolgreichen großen und vielen mittleren und kleinen Unternehmen in der Grundstoff- und Spezialchemie im Land gebe.
Zum Fünf-Punkte-Plan gehört neben dem Energiebereich auch der weitere Abbau bürokratischer Hürden. Noch in diesem Jahr soll ein weiteres Bürokratieentlastungsgesetz vorgelegt werden. Ein entsprechendes Eckpunktepapier wurde Ende August bereits im Kabinett beschlossen. Die Bundesregierung versprach zugleich, sich auf EU-Ebene für einen ausgewogenen Regulierungsrahmen einzusetzen, etwa dass der Maßstab für die sogenannten REACH-Stoffbeschränkungen risikobasiert bleibt. "Pauschale, undifferenzierte Verbote ganzer Stoffklassen sind nach Ansicht der Bundesregierung nicht vom bestehenden europäischen Rechtsrahmen gedeckt und sind nach dem aktuellen Vorschlag der deutschen und weiterer Fachbehörden auch nicht vorgesehen", hieß es. Zu dem Fünf-Punkte-Paket gehörten zudem die gezielte Förderung von Innovationen sowie eine bessere Fachkräftesicherung.
Vor allem das klare Bekenntnis der Bundesregierung für eine risikobasierte Stoffpolitik und gegen pauschale Stoffverbote sowie das Bekenntnis zum chemischen Recycling erhielten Beifall vom VCI. Der Verband forderte allerdings, dass sich die Ampel noch im Oktober über ein kurzfristiges Energiepaket einigen müsse, um den Strompreis sehr schnell zu senken.