Gegen Steuerbetrug im Online-Handel
wf Berlin – Die Finanzminister der Bundesländer machen Ernst mit ihrem Vorstoß gegen Steuerbetrug im Online-Handel. Virtuelle Marktplätze wie Amazon sollen künftig für die Umsatzsteuer der Händler haften, die sich ihrer elektronischen Plattform bedienen. Dies beschloss die Länderfinanzministerkonferenz in Berlin, teilten Baden-Württemberg und Hessen nach der Sitzung mit. Gemeinsam mit dem Bund wollen die Länder im ersten Quartal 2018 dazu einen Gesetzentwurf erarbeiten. Die drohende Haftung für die Plattformbetreiber soll bewirken, dass steuersäumige Händler ausgeschlossen werden.Baden-Württemberg und Hessen hatten das Vorhaben nach eigenem Bekunden auf Länderseite vorangetrieben. “Es gibt mehr als genug triftige Gründe, warum wir gegen den um sich greifenden Umsatzsteuerbetrug im Online-Handel vorgehen müssen”, erklärten Baden-Württembergs Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) und Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU). Die Steuerausfälle schätzt sie auf einen “hohen dreistelligen Millionenbereich”. Zudem litten die ehrlichen Händler unter Wettbewerbsnachteilen. Die Umgehung der Steuerpflicht sei kriminell. Die Finanzministerin von Rheinland-Pfalz, Doris Ahnen (SPD), begrüßte das Vorhaben ebenfalls. “Auch im Bereich des Online-Handels müssen wir für fairen Wettbewerb sorgen und Steuerschlupflöcher schließen”, erklärte sie. Tempo in Berlin gefragtAus dem Bundesfinanzministerium war vergangene Woche bekannt geworden, dass ein Gesetzentwurf zusammen mit den Bundesländern vorbereitet wird (vgl. BZ vom 25. November). Sitzmann und Schäfer dringen auf zügiges Handeln des Bundes. “Wir behalten uns daher weiterhin vor, mit einer Bundesratsinitiative unserer Länder aufs Tempo zu drücken”, unterstrichen sie mit Blick auf die schwierige Regierungsfindung in Berlin. Dies könnte das Vorhaben noch über Wochen verzögern.Hintergrund der Initiative ist die wachsende Tendenz, dass Händler aus Drittstaaten Waren über Internetplattformen in die EU verkaufen, ohne dafür Zoll und Umsatzsteuer abzuführen. Vor allem Unternehmen aus China und Hongkong vertreiben über sogenannte Fulfillment-Dienstleister Waren in die EU. Es sind vielfach günstige Massenprodukte wie Druckerpatronen, USB-Sticks oder Lichterketten.Künftig sollen die Plattformbetreiber dafür sorgen, dass die Händler sich mit ihrer Steueridentifikationsnummer registrieren. Die Haftung soll greifen, wenn der Marktplatzbetreiber die Registrierung nicht nachweisen kann oder wenn ein Finanzamt ihm mitteilt, dass der Händler seinen steuerlichen Pflichten nicht nachkommt. Sitzmann und Schäfer haben aber noch weitere Modelle im Sinn: “Die Umsatzsteuer muss so einfach funktionieren wie der Internethandel. Wir können uns deshalb eine Art Quellensteuer bei den Marktplatzbetreibern gut vorstellen.” Einen Vorschlag dazu kündigten sie in den kommenden Monaten an. Damit zahle der Marktplatzbetreiber den Netto-Kaufpreis an den Händler und die Umsatzsteuer direkt an das Finanzamt.