NOTIERT IN PARIS

Gelbwesten sorgen für Kurzarbeit

Fast hatte es so ausgesehen, als würde die Protestbewegung über die Weihnachtsferien langsam auslaufen. Fast. Denn Samstag bewiesen die Gilets Jaunes Präsident Emmanuel Macron, dass sie trotz der milliardenschweren Beruhigungsmaßnahmen so schnell...

Gelbwesten sorgen für Kurzarbeit

Fast hatte es so ausgesehen, als würde die Protestbewegung über die Weihnachtsferien langsam auslaufen. Fast. Denn Samstag bewiesen die Gilets Jaunes Präsident Emmanuel Macron, dass sie trotz der milliardenschweren Beruhigungsmaßnahmen so schnell nicht aufgeben wollen. In vielen französischen Städten flackerten die Proteste der Gelbwesten gegen seine Wirtschaftspolitik wieder stärker auf. Am Rande der Demonstrationen kam es zu teilweise heftigen Ausschreitungen. Autos und Motorräder wurden in Brand gesteckt, Schaufensterscheiben eingeschlagen und Polizisten verletzt. Regierungssprecher Benjamin Grivaux musste aus seinem Büro evakuiert werden, nachdem Demonstranten seinen Amtssitz gestürmt hatten. Grivaux hatte ihren Zorn auf sich gezogen, als er letzte Woche erklärte, die Protestbewegung der Gelbwesten sei “eine Sache von Agitatoren geworden, die den Aufstand vorantreiben, um die Regierung zu stürzen”.Unternehmen sind die größten Leidtragenden der nun bereits seit acht Wochen andauernden Proteste. Nach Angaben von Arbeitsministerin Muriel Pénicaud wurden wegen der Proteste rund 58 000 Arbeitnehmer in Kurzarbeit geschickt. Fast alle Betroffenen seien bei kleinen Mittelständlern angestellt, bei Handwerksbetrieben, im Einzelhandel, im Baugewerbe und der Industrie, sagte sie Sonntag dem Nachrichtenfernsehsender BFMTV. Pénicaud hat bereits 32 Mill. Euro an Mitteln freigesetzt, um die betroffenen Arbeitnehmer zu entschädigen. Es sei klar, dass durch die Protestbewegung inzwischen Betriebe und Arbeitsplätze gefährdet seien, erklärte sie. All das habe negative Auswirkungen – auch auf Auslandsinvestitionen und das Investitionsvertrauen.Transportministerin Elisabeth Borne wollte Montag Vertreter der französischen Logistikbranche treffen. Der Verband der Straßentransportunternehmen warnte schon vor zwei Wochen, dass einige seiner Mitglieder kurz vor dem Konkurs stünden, da ihre Lastwagen durch die Straßenblockaden der Gelbwesten daran gehindert würden, wie gewohnt zu fahren. Die Proteste haben der Branche nach Angaben des Verbands bereits Verluste von mindestens 2 Mrd. Euro beschert. Kultureinrichtungen sind ebenfalls wichtige Einnahmen verloren gegangen, da Großstädte an den Protestsamstagen vorsorglich Museen und Theater geschlossen haben. Und das ausgerechnet während der Weihnachtsferien, während der sie normalerweise einen starken Anstieg der Besucherzahlen verbuchen.Besonders schlimm sei gewesen, die Vorstellungen am 29. Dezember annullieren zu müssen, sagt die stellvertretende Direktorin der Oper von Bordeaux, Sophie Capbern. Allein dadurch Einnahmen in Höhe von 30 000 Euro entgangen. Ähnlich ist es Einzelhändlern in der südwestfranzösischen Stadt ergangen. Gerade am 29. Dezember seien deutlich weniger Kunden als normalerweise an einem Wochenende direkt vor Silvester gekommen, berichtet ein Weinhändler, dessen Geschäft in der Nähe der Strecke liegt, auf der die Gelbwesten während ihrer Protestmärsche demonstrieren. Kunden seien aus Angst vor Ausschreitungen zu Hause geblieben.Vertreter der Einzelhandelsbranche hatten Macron wegen der Umsatzeinbrüche gebeten, den Winterschlussverkauf vorzuziehen. Vergeblich. Er wird wie geplant diesen Mittwoch beginnen. Der Winterschlussverkauf sei für die Branche angesichts der Protestbewegung noch wichtiger als sonst, erklärt der Verband französischer Fachhändler Procos. Der Umsatz seiner Mitglieder sei im November um 6,8 % eingebrochen, in der ersten Dezemberhälfte dann sogar um 13 % bis 15 %.Präsident Macron und seine Regierung erwartet kein einfaches Jahr. Sie hoffen, dass die große Bürgerdebatte helfen wird, die Mitglieder der Protestbewegung zu beruhigen. Macron hatte sie als Reaktion auf die Gelbwesten-Bewegung versprochen. Er will den Startschuss für die nationale Debatte am 15. Januar geben. Die Regierung überlegt auch, die wohlhabendsten Haushalte nicht wie die übrigen Steuerzahler von der Wohnungssteuer zu befreien. Sie könnte zudem die Abschaffung der früheren Vermögenssteuer ISF wieder rückgängig machen, heißt es in Paris.