EY-Analyse

Gemeinden drehen weiter an der Grundsteuer

Die Grundsteuersätze sind 2021 weiter gestiegen, wenn auch nicht mehr so dynamisch wie in der vergangenen Dekade. Sorgen bereitet der Praxis die Grundsteuerreform 2025.

Gemeinden drehen weiter an der Grundsteuer

wf Berlin

Bundesweit hat jede zwölfte Kommune im vergangenen Jahr die Grundsteuer erhöht. 2020 war es noch jede zehnte Gemeinde, die an der Steuerschraube gedreht hatte. Seit 2014 verringert sich damit die Zahl der Kommunen, die die Grundsteuer erhöhen. Damals verlangte fast jede vierte Kommune höhere Sätze. Nur 2011 lag der Wert noch höher, als jede dritte Gemeinde die Hebesätze in der Grundsteuer erhöhte. Zu diesem Ergebnis kommt die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY in einer aktuellen Analyse zur Entwicklung der Grundsteuer-B-Hebesätze aller deutschen Kommunen von 2005 bis 2021. Untersucht wurden nur die Flächenländer.

Mit der starken konjunkturellen Erholung nach dem Corona-Schock hätten sich die Finanzen bei vielen Kommunen überraschend gut entwickelt und 2021 zu einem Finanzierungsüberschuss von 4,6 Mrd. Euro geführt, erläuterte EY-Partner Mattias Schneider, Leiter des Bereichs Government & Public Services. „Der Handlungsdruck ist damit gesunken, weniger Kommunen mussten die Steuern erhöhen“, sagt Schneider. Nur eine kleine Minderheit der Kommunen mache von der Möglichkeit Gebrauch, den Hebesatz zu senken. Dies waren laut EY-Analyse 0,7% nach 0,8% im Jahr zuvor.

Die Erhöhungsdynamik lässt zwar nach, der Anteil der Gemeinden mit sehr hohen Hebesätzen – von 400% und mehr – ist seit 2005 aber deutlich gewachsen. Mittlerweile verlangen diese Sätze 35% der Kommunen. Im Vorjahr waren es nur 33% und 2005 erst 5%. Der Anteil der Kommunen mit hohen Hebesätzen – von 350% bis unter 400% – blieb mit 42% im Jahr 2021 zwar konstant, lag aber 2005 erst bei 15% (siehe Grafik).

Spitzensätze in Hessen

Die durchschnittliche höchste Steuerbelastung wies 2021 Nordrhein-Westfalen mit 216 (nach 212) Euro auf, gefolgt von Hessen mit 201 (196) Euro und Niedersachsen mit 183 (179) Euro. In den Stadtstaaten ist die Belastung höher. Bundesweit verlangten 2021 die hessischen Kommunen Lorch und Lautertal beide mit 1050% die höchsten Grundsteuer-Hebesätze, gefolgt von zwei weiteren hessischen Kommunen – Nauheim und Ringgau –, beide mit einem Hebesatz von 960 %.

Die Grundsteuer ist neben der Gewerbesteuer eine der zentralen Einnahmequellen für die Kommunen.  Berechnet wird der Steuersatz aus mehreren Komponenten, von denen der Hebesatz eine ist. Den Hebesatz können die Kommunen selbst festlegen. 2021 summierten sich die Einnahmen inklusive Stadtstaaten auf 14,57 Mrd. Euro, nach 14,27 Mrd. Euro im Jahr zuvor. In diesem Jahr rechnen die Steuerschätzer mit Grundsteuereinnahmen von 14,75 Mrd. Euro. 2025, wenn die reformierte Grundsteuer erstmals erhoben werden soll, taxieren die Schätzer nach zwei weiteren Jahren des moderaten Anstiegs Einnahmen von 15,29 Mrd. Euro.

Komplexe Steuerreform

Die Reform soll nicht zu Mehreinnahmen führen, sondern vor allem die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Aktualisierung der Grundstückswerte leisten. Dies ist das erklärte politische Ziel. Bis Ende 2023 werden die neuen, aufkommensneutralen Hebesätze berechnet. Festgelegt werden die neuen Hebesätze 2024 von den Kommunen durch Erlass der Grundsteuerbescheide. „So lange ist ungewiss, wie sich die bevorstehende Grundsteuerreform auf die Einnahmesituation der einzelnen Kommunen auswirken wird, auch wenn der politische Konsens besteht, dass es insgesamt nicht zu einer gravierenden Mehrbelastung der Bürger kommen soll“, sagt Schneider.

Von der Neubewertung sind schätzungsweise 35 Millionen Grundstücke bundesweit betroffen. Schwierig gestaltet sich die neue Grundsteuererklärung für Immobilienbesitzer, da die Bundesländer unterschiedliche Steuermodelle haben. Firmen mit vielen Grundstücken haben einen enormen Aufwand. Die für die Grundsteuererklärung benötigten Bodenrichtwerte können EY zufolge bislang nur in Nordrhein-Westfalen automatisiert abgerufen werden.

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