Bundestagsanhörung

Gemeinden fürchten übermäßige Steuerausfälle durch das Wachstumschancengesetz

Die Ampel-Regierung will die Steuererleichterungen für Unternehmen zu einem großen Teil den Kommunen aufbürden, kritisiert deren kommunaler Spitzenverband das Wachstumschancengesetz. Die Wirtschaft erneuert ihren Ruf nach einer echten Steuerreform.

Gemeinden fürchten übermäßige Steuerausfälle durch das Wachstumschancengesetz

Wachstumschancengesetz setzt Gemeinden zu

Kommunen sehen sich überproportional von Ausfällen belastet – Wirtschaft mahnt echte Steuerreform an

wf Berlin

Die Gemeinden in Deutschland haben große Vorbehalte gegen das Wachstumschancengesetz. Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände bat in einer Bundestagsanhörung des Finanzausschusses eindringlich, die drohenden Steuerausfälle für die Kommunen abzuwenden. Die Vertreter der Wirtschaft mahnten indessen eine weitergehende, echte Unternehmenssteuerreform an. Deutschlands Steuersätze lägen im internationalen Vergleich an der Spitze.

Von Steuerausfällen des Wachstumschancengesetzes sollten die Kommunen ein Viertel schultern, sagte Uwe Zimmermann, Vize-Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, für die kommunalen Spitzenverbände. Am gesamten Steueraufkommen seien die Kommunen aber nur mit einem Siebentel beteiligt. Das Wachstumschancengesetz entlastet die Wirtschaft um 7 Mrd. Euro jährlich. Es soll Deutschland als Wirtschaftsstandort attraktiver machen. Eine neue Investitionsprämie für Unternehmen von 15% für Energiesparmaßnahmen soll die Transformation der Wirtschaft fördern. Die degressive Abschreibung soll befristet wieder eingeführt werden und die Grenze für Sofortabschreibungen geringwertiger Wirtschaftsgüter auf 1.000 Euro steigen. Verbessert werden sollen der steuerliche Verlustrücktrag und die steuerliche Forschungsförderung.

Forderung nach Kompensation

Die Kommunen rechnen bereits in diesem Jahr mit einem Defizit von 6,4 Mrd. Euro. Zusammen mit bereits beschlossenen oder noch geplanten Novellen – dem Zukunftsfinanzierungsgesetz zur Reform des Finanzstandortes Deutschland, dem Jahressteuergesetz 2022, der Richtlinie zur Mindestbesteuerung und vor allem dem Inflationsausgleichsgesetz – summierten sich ihre Steuerausfälle von 2024 bis 2027 auf mehr als 30 Mrd. Euro. Im Durchschnitt sind dies rund 7,8 Mrd. Euro jedes Jahr. Die Stadtkämmerin Kölns, Dörte Diemert, drang darauf, die Ausfälle für die Städte und Gemeinden zu kompensieren.

Besonders kritisch sehen die Kommunen die geplante Kürzung der nationalen Mindestgewinnbesteuerung. Gewinnträchtige Unternehmen mit hohen Verlustvorträgen könnten damit ihre Steuerzahlungen in den nächsten vier Jahren halbieren. Diese überwiegend großen Unternehmen kürzten damit das Aufkommen einzelner Gemeinden. Die kommunalen Spitzenverbände befürchten zudem, dass diese befristete Maßnahme nach vier Jahren dauerhaft wird. Die Mindestgewinnbesteuerung sei aber unverzichtbar für ihre Aufkommensstabilität. Die Erleichterung für Unternehmen solle sich auf Einkommen- und Körperschaftsteuer beschränken – und die Gewerbesteuer ausklammern.

Die Wirtschaftsverbände und die Bundessteuerberaterkammer hadern dagegen mit der deutlichen Verschärfung der Zinsschranke und der Einführung einer Zinshöhenschranke. Zinskosten können damit nur noch zum Teil geltend gemacht werden. Die Steuerberaterkammer monierte zudem die neue Meldepflicht für nationale Steuergestaltung. Dieses "Bürokratiemonster" führe das Bemühen um Bürokratieabbau ad absurdum. So entstehe kein neuer Wachstumsimpuls.

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