DIE FOLGEN DES BREXIT

Gemischte Gefühle in Frankreich

Front-National-Chefin fordert EU-Referendum

Gemischte Gefühle in Frankreich

wü Paris – Frankreich reagiert mit gemischten Gefühlen auf den Sieg der Brexit-Befürworter in Großbritannien. Die meisten Politiker bedauerten am Freitag die Entscheidung der Briten. Viele französische Politiker werten den Ausgang der britischen Abstimmung aber auch als Chance, um die Europäische Union (EU) “neu” zu starten.Wieder andere applaudierten. Die Chefin der rechtsextremen Partei Front National (FN), Marine Le Pen, sieht sich durch den Ausgang der Abstimmung in Großbritannien bestätigt. Sie fordert, in Frankreich müsse ebenfalls ein Referendum über den Verbleib der EU durchgeführt werden. Der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon wertet die Brexit-Entscheidung als Ablehnung der Austeritätspolitik, die Europa von Deutschland aufgezwungen werde.Die Entscheidung der Briten sei eine schwere Belastungsprobe für Europa, sagte Staatspräsident François Hollande. Zugeständnisse wird London jedoch nicht von ihm erwarten können. So warnte Hollande das Vereinigte Königreich, dass die in den EU-Verträgen vorgesehenen Regeln für einen Austritt rasch angewandt würden, auch wenn Frankreich weiter mit seinem großen Freund Großbritannien zusammenarbeiten würde.Hollande will sich diesen Montag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem italienischen Regierungschef Matteo Renzi und EU-Ratspräsident Donald Tusk in Berlin treffen. Das französische Staatsoberhaupt hatte die Mitglieder seiner sozialistischen Regierung Freitagnachmittag zu einer Krisensitzung einberufen. Anschließend stand eine Beratung mit den Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern auf der Agenda. Hollande wollte sich zudem mit den Vertretern der verschiedenen Parteien treffen, darunter auch FN-Chefin Le Pen. Regierungssprecher Stéphane Le Foll kündigte an, dass am Dienstag eine Debatte ohne Abstimmung in der Nationalversammlung organisiert werde, bei der sich auch Premierminister Manuel Valls zu “Frankreichs Antwort auf diesen Schock” äußern werde.Ex-Staatspräsident Nicolas Sarkozy, der auch Chef der konservativen Oppositionspartei “Die Republikaner” ist, forderte, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs die Entscheidung treffen müssten, neue europäische Verträge auszuarbeiten. Sarkozy plädierte für einen neuen Schengen-2-Vertrag, eine europäische Wirtschaftsregierung, die strengere Anwendung des Subsidiaritätsprinzips, eine Neuorganisation der Kompetenzen der EU-Kommission und einen Stopp des EU-Erweiterungsprozesses. Der französische Arbeitgeberverband Medef appellierte an Europa, die durch die britische Entscheidung ausgelöste Krise als Chance zu nutzen, um notwendige Änderungen vorzunehmen und auf die Ängste der Bürger einzugehen.