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Gentiloni, das letzte Puzzlestück für von der Leyen

Von Andreas Heitker, Brüssel Börsen-Zeitung, 6.9.2019 Die neue italienische Regierung hat den ehemaligen Regierungschef Paolo Gentiloni für die neue EU-Kommission nominiert. Die designierte Präsidentin der Brüsseler Behörde erhält damit ein...

Gentiloni, das letzte Puzzlestück für von der Leyen

Von Andreas Heitker, BrüsselDie neue italienische Regierung hat den ehemaligen Regierungschef Paolo Gentiloni für die neue EU-Kommission nominiert. Die designierte Präsidentin der Brüsseler Behörde erhält damit ein weiteres politisches Schwergewicht für ihr Team. Der 64-Jährige führte Italien von Ende 2016 bis 2018 als Ministerpräsident und war zuvor auch schon zwei Jahre lang Außenminister gewesen. Er werde “mit aller Kraft und meiner Arbeit versuchen, zu einem neuen positiven Kapitel für Italien und für Europa beizutragen”, erklärte Gentiloni zu seiner neuen Aufgabe.Für Ursula von der Leyen war die Nominierung aus Italien das letzte noch fehlende Puzzlestück für die Zusammenstellung ihrer Kommission. “Ich bin froh, alle Namen der Mitgliedsstaaten erhalten zu haben”, schrieb von der Leyen gestern auf Twitter. “Jetzt freue ich mich, ein gut ausbalanciertes Kollegium zusammenzustellen, das ich am Dienstag der Öffentlichkeit vorstellen werde.”Wie dieses “ausbalancierte Kollegium” aussehen könnte, ist auch heute noch ein gut gehütetes Geheimnis. Sicher ist bislang lediglich, dass der Spanier Josep Borrell neuer Außenbeauftragter der EU wird. Bei einem Auftritt in der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) in dieser Woche in Brüssel ließ von der Leyen zudem durchblicken, welche Aufgaben sie ihren beiden künftigen Stellvertretern – dem Niederländer Frans Timmermans und der Dänin Margrethe Vestager – anvertrauen will: nämlich zum einen den Bereich der Digitalisierung und zum anderen ein neues Ressort rund um den angekündigten “Green New Deal”, also den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft. Wie aus der EVP zu hören ist, wurde eine genaue personelle Zuordnung durch von der Leyen zwar nicht genannt. Zu erwarten ist aber, dass die bisherige Wettbewerbskommissarin Vestager den Bereich der Digitalisierung übernimmt und Timmermans, der bislang die Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit in der EU verantwortet hat, den Bereich rund um Ökologie und Klimaschutz erhält.Großbritannien hat keinen neuen EU-Kommissar nominiert, weil der Brexit offiziell weiter für den 31. Oktober geplant ist und die neue Kommission erst einen Tag später antritt. Was wird, sollte es doch noch einmal zu einer Verschiebung des Brexit-Datums kommen, ist derzeit noch völlig offen. Gerüchte und SpekulationenDas bedeutet derzeit aber auch: 23 Posten im künftigen Team von der Leyens sind noch offen. Brüsseler Gerüchten und Spekulationen zufolge könnte Phil Hogan neuer Handelskommissar werden. Der Ire verantwortet derzeit noch das Agrar-Ressort. Es ist allerdings nicht üblich, dass ein Kommissar bei einer erneuten Berufung auch sein bisheriges Amt behält. Hogan hatte zudem selbst auch schon signalisiert, dass er Interesse am Handelsbereich habe. Hogans Nachfolger als Agrarkommissar könnte aus Polen kommen. Der im Juli von Warschau nominierte Krzysztof Szczerski hatte seine Kandidatur öffentlich zurückgezogen, weil es “jemand werden sollte, der sein Leben mit Agrarpolitik verbracht hat”, wie er sagte.Der bisherigen Verbraucherschutz- und Rechtskommissarin Vera Jurova aus Tschechien wurde derweil das bisherige Timmermans-Ressort (Rechtsstaatlichkeit) angeboten. Dies berichtete zumindest “Politico”. Der Österreicher Johannes Hahn, der bisher die Nachbarschafts- und Erweiterungspolitik verantwortet hat und der bereits seine dritte Amtszeit antritt, wird in anderen Medien schon als möglicher neuer Haushaltskommissar genannt.Und Gentiloni? Gut möglich, dass der Italiener eine hervorgehobene Position im Wirtschaftsbereich erhält. Dort könnten allerdings auch Elisa Ferreira aus Portugal oder Sylvie Goulard aus Frankreich ihre neuen Aufgaben finden – beide mit langjährigen Erfahrungen im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments (Econ) und in ihren jeweiligen Zentralbanken. Am Dienstag wird von der Leyen das Geheimnis lüften.