NOTIERT IN FRANKFURT

Gerangel um die EZB-Aufsicht

Bankenaufseher haben keinen angenehmen Job. Solange in den von ihnen kontrollierten Instituten alles rund läuft, erfährt keiner, welche Katastrophen sie im Zweifelsfall durch rechtzeitiges Handeln verhindert haben. Alles streng vertraulich. Sobald...

Gerangel um die EZB-Aufsicht

Bankenaufseher haben keinen angenehmen Job. Solange in den von ihnen kontrollierten Instituten alles rund läuft, erfährt keiner, welche Katastrophen sie im Zweifelsfall durch rechtzeitiges Handeln verhindert haben. Alles streng vertraulich. Sobald aber etwas schiefläuft, stehen sie sogleich am Pranger. Alles ganz öffentlich. “Eigentlich kann man nur verlieren”, heißt es mitunter unter Aufsehern.Trotzdem sind die Jobs, zumal die Top-Jobs, begehrt – wie sich jetzt beim Gerangel um das neue Aufsichtsgremium der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigt, den Supervisory Board. Dabei geht es aber nicht um den Posten des Chair, des Vorsitzes. Dafür gilt Danièle Nouy, die Chefin der französischen Aufsicht, seit langem als gesetzt – spätestens seit der damalige Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker Anfang 2013 im EU-Parlament wenig sibyllinisch sagte: “Ich bin absolut für eine weibliche Vertreterin. So wird es sein. Und sie wird Französin sein.”Zwar weist mancher darauf hin, Nouy habe auch nicht immer eine gute Figur als Aufseherin gemacht, etwa bei der Dexia Bank. Allerdings dürfte es unter Europas Aufsehern schwierig sein, jemanden zu finden, der ganz ohne solchen Makel ist. Auf jeden Fall aber hat Nouy das richtige Geschlecht. Das Parlament, das mitentscheidet, besteht auf einer Frau. Mehr Frauen an die Macht (in der EU), ist das Motto.Gerangel gibt es aber um den Posten des Vice-Chair. Klar ist, dass es einer aus dem EZB-Direktorium werden wird. EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio und Yves Mersch sind formal beide zuständig für das “Projekt Bankenunion”. Beide sind also quasi geborene Kandidaten und beide wollen den Job offenbar gerne. Aber Wollen ist nur das eine.Der Portugiese Constâncio ist bereits für Finanzstabilität zuständig, genießt aber offenbar wenig Rückhalt. Aus der letzten Personalrochade ging er als Verlierer hervor. Der Luxemburger Mersch hat es geschafft, sich in der Öffentlichkeit als eine Art “Mr. Bankenaufsicht” der EZB zu profilieren. Eine Garantie ist das nicht. Interesse sagen einige auch Peter Praet nach. Der Belgier hat als Chefvolkswirt zwar eines der einflussreichsten Portfolios im Direktorium. Es heißt aber, er könne sich mit seinen Vorstellungen nicht immer durchsetzen. Bevor er zur EZB kam, war er in Belgien zudem schon als Aufseher aktiv.Ganz neu gemischt werden könnten die Karten, so sagen Insider, wenn Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen doch noch Bundesfinanzminister werden sollte. Dann, heißt es in Frankfurt, wäre Bundesbankaufseherin Sabine Lautenschläger eine Kandidatin fürs EZB-Direktorium – und für den Vice-Chair. Ein Abgang von Asmussen gilt aber inzwischen als wenig wahrscheinlich. Und wenn, dürfte die Nachbesetzung wohl zu lange dauern, um noch eine Rolle zu spielen.Am Ende scheint es also einen Zwei- oder Dreikampf zu geben. Eine Entscheidung müsste in Kürze fallen, soll das Board bald tätig werden können. EZB-Präsident Mario Draghi wird ganz sicher nicht dem Parlament die Auswahl überlassen wollen. “Am Ende wird Draghi ein Machtwort sprechen”, sagt ein Insider.